Matthäus 25,14-30

 

 

 

Liebe Freunde,

 

In den letzten Tagen und Wochen haben meine Frau und ich viel über unsere Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten nachgedacht, mit unseren Kindern gesprochen und geklärt und formuliert. In der Präambel der Vorsorgevollmacht verfügen wir, „dass geschäftliche und persönliche Angelegenheiten aller Art (…..) erledigt werden können, wenn ein Eigenhandeln infolge (…..) Ortsabwesenheit oder anderweitiger Verhinderung nicht möglich sein sollte.“ Natürlich stehen noch viele andere Dinge in dem Text (wie die Klammern andeuten). Aber der Punkt, dass für den Fall der Ortsabwesenheit Vorsorge getroffen wird und Vollmachten erteilt werden, hat mich an den heutigen Predigttext erinnert. Hier trifft ein Mann Vorsorge, er klärt Vollmachten und Aufgaben und Erwartungen.

 

Jesus erzählt diese Geschichte, um seine Leute in der Wartezeit auf die Vollendung des Reiches Gottes zur tatkräftigen Nachfolge zu motivieren. Und er will sie davor warnen, das Leben und die christliche Lebensgestaltung zu vernachlässigen. Deswegen ist das nicht nur eine schöne Geschichte für eine schöne Sonntagspredigt, sondern eine für den Alltag, für das ganz normale, alltägliche Leben. Abgesehen von ein paar Verständnisfragen ist in diesem Gleichnis alles klar. Das ist auch das Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Predigt zieht: ALLES KLAR!

 

1.             Die Verhältnisse sind klar

 

Daran gibt es in der Erzählung keine Zweifel. Der Mensch, der für einige Zeit ins Ausland verreist, ist der Chef. Er ist ein ziemlich wohlhabender Unternehmer, der mehrere Verwalter in seinem Betrieb angestellt hat. Und diese Verwalter beauftragt er, während seiner Abwesenheit mit seinem Vermögen zu arbeiten. Das war damals absolut üblich. Die Verwalter sollten die Interessen ihres Arbeitgebers nach bestem Wissen und Gewissen vertreten, sein Vermögen verwalten und ganz in seinem Sinne damit umgehen. Das beinhaltet selbstverständlich, die anvertrauten Mittel so zu investieren, dass der Besitz vermehrt wurde.

 

Die überlassenen Geldmittel werden hier mit der damals größten Geldeinheit quantifiziert. Ein „Zentner Silber“ entspricht der Geldmenge, die ein Arbeiter zur Zeit Jesu im Durschnitt verdient, wenn er 20 Jahre lang arbeitet. Das ist ein ganz schön großer Batzen!

 

Alles klar? Klar ist, dass alle Finanzmittel, die den drei Verwaltern zur Verfügung standen, ihrem Boss gehört haben. Ihnen gehörte davon nichts. Die Rechts- und Besitzverhältnisse sind somit auch klar. Nun hat Jesus diese Geschichte nicht erzählt, um uns etwas über Betriebs- und Geldwirtschaft beizubringen. Sondern der Vergleich ist klar. Der wohlhabende Unternehmer steht für Gott, und die Verwalter, das sind wir. Es ist nebenbei bemerkt sehr vielsagend, dass im griechischen Grundtext von „talanton“, von Talenten die Rede ist. Talent, dieser Begriff ist nun herrlich zweideutig. Einmal ist es eine Gewichts- und Maßeinheit aus alten Zeiten. Dann aber sprechen wir von Talenten und meinen Begabungen und Fertigkeiten und Möglichkeiten. Gott vertraut uns Talente an. Damit sind nicht nur die herausragenden Fähigkeiten gemeint, sondern alles. Alles, was wir sind und haben, alles haben wir von Gott zur Verfügung gestellt bekommen. Kurz und bündig heißt das, Gott hat uns das Leben anvertraut, damit wir ganz in seinem Sinn etwas Gescheites damit anfangen. Dabei liegt die Betonung darauf, dass es in seinem Sinn geschehen soll. Die Gesundheit und der Körper, der Beruf und die Freizeit, die Familie und die Kinder, alles das gehört nicht uns. Es gehört Gott. Wir sind Verwalter. Das gilt auch und in besonderem Maße für die geistlichen Gaben. Uns Christen ist das Evangelium anvertraut, aber nicht nur, damit wir uns daran erfreuen. Wir haben den Zuspruch von der Vergebung, die Möglichkeit zur Versöhnung, die Gnade und die Barmherzigkeit, Liebe und Sanftmut, Geduld und Wahrhaftigkeit. Damit sollen wir wuchern, das sollen wir leben und einsetzen. Natürlich ist das mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Aber wenn wir nichts von dem einsetzen, was Gott uns treuhänderisch gegeben hat, dann sind wir miserable Verwalter.

 

Alles klar, oder?

 

2.             Der Vertrauensbeweis ist glasklar

 

Man stelle sich das mal vor: der mit dem einen „Zentner Silber“ bekommt nach heutigen Verhältnissen etwa 500.000 Euro anvertraut. Der andere fast 1 Million und der dritte hat satte 2,5 Millionen Euro, für die er verantwortlich ist. Das ist eine Menge Geld. Manche fragen sich vielleicht, warum der Unternehmer so markante Unterschiede macht bei der Zuteilung der Geldmittel. Wenn man aber nur mal kurz nachdenkt, dann ist jedem klar, dass der Chef seine Leute sehr gut kennt und ihre Fähigkeiten deswegen auch gut einschätzen kann. Er weiß, was er seinen Leuten zutrauen und zumuten kann. Alles klar? Klar.

 

Denn so ist das auch mit Gott und uns. Gott kennt uns sehr gut. Und er weiß, was er uns zutrauen und zumuten kann. Das sollten wir uns sehr zu Herzen nehmen. Manchen traut und mutet Gott einen verantwortungsvollen Job zu. Andere beschützt er davor. Manchen gibt er bestimmte Gaben und Fähigkeiten, anderen will er das nicht zumuten. Manchen legt er Herausforderungen und Aufgaben in die Hände, an denen andere zerbrechen würden. Wenn wir also entdecken, was Gott uns an Gaben gegeben hat, dann können wir damit auch die Aufgaben erkennen, die wir zu erfüllen haben. Wem Gott beispielsweise die Gabe der Musikalität nicht gegeben hat, der muss nicht Musikunterricht nehmen und eine Karriere als Sängerin oder Sänger anstreben. Und das Maß der Arbeit und der Aufgaben, die wir uns aufhalsen, sollte das Maß der Fähigkeiten und Talente nicht übersteigen, die Gott uns gegeben hat. Geh du mit dem einen Talent ganz im Sinne Gottes um. Du musst nicht meinen, dass du alles stemmen und leisten und bewältigen musst, obwohl Gott dir dafür weder die Gaben noch den Auftrag gegeben hat. Und schiele nicht neidisch auf den, der zwei oder drei Talente hat. Und du, wenn Gott dir fünf Talente zutraut und zumutet, dann setze sie für ihn und seine Ehre ein. Jeder von uns sollte sich darüber immer wieder klar werden, was Gott uns anvertraut und zumutet. Aber das ist klar: Gott vertraut dir, er glaubt an dich! Alles klar?

 

3.             Der Auftrag ist glockenklar

 

Die Verwalter sollten mit den anvertrauten Mitteln verantwortungsvoll und ganz im Sinne des Geldgebers umgehen. Das ist ihr Job, das ist ihre Pflicht. Dabei geht es auch nicht nach dem Lust- und Laune-Prinzip. Es muss anhand der Geschichte so deutlich gesagt werden, dass der Spaßfaktor zunächst erstmal eine untergeordnete Rolle spielt. Natürlich sind alle drei deswegen Verwalter geworden, weil sie eine Affinität zu Geld und Geschäften haben. Der dritte war also nicht deswegen ein mieser und schlechter Geschäftsmann, weil er von Geld und wirtschaftlichem Handeln keine Ahnung gehabt hätte. Nein, der hatte einfach keinen Bock auf Warenhandel und Finanzangelegenheiten. Der scheute den persönlichen Einsatz. Natürlich hat sein Chef Leistung und Engagement und Fleiß erwartet. Was denn sonst? Hier ging es um Gehorsam und Pflicht. Klar kann man diesen Auftrag so oder so erfüllen. Aber ohne Einsatz geht es nicht. Auch der Verwalter mit dem einen Talent müsste seinen Hintern bewegen, um zumindest das Geld risikoarm und krisensicher anzulegen. Das waren damals übrigens die Geldwechsler beim Tempel. Deren Unternehmen brachte auf alle Fälle eine solide Rendite. Aber selbst zu dieser Initiative war er nicht bereit. Woran das auch noch gelegen hat, das will ich im vierten und letzten Punkt klären. Aber zunächst halten wir fest, dass der Auftrag klar ist: Leistung und Rendite.

 

Wie sieht das denn im Leben als Christen aus? Verlangt Gott von uns Leistung und Rendite, Gewinnmaximierung und Gemeindewachstum? Wir werden natürlich gleich einwenden, dass wir das doch nicht machen können. Wir können nicht die Menschen christianisieren und in die Gemeinde zerren. Aber wir können und sollen, wie ich vorhin schon mal kurz angedeutet habe, mit dem, was Gott uns anvertraut hat, einsatzfreudig und engagiert umgehen. Seine Ehre sollen wir suchen. Und das nicht nur im christlichen Umfeld und Kontext, wenn wir zum Beispiel beten und Bibel lesen. Seine Ehre sollen wir suchen, wenn wir unsere Ehe und Familie gestalten, wenn wir zur Arbeit gehen und wenn wir unserem Hobby nachgehen. Das soll ganz in seinem Sinne geschehen. Und selbstverständlich geht es darum, Menschen mit unserem himmlischen Vater bekannt und vertraut zu machen. Natürlich müssen wir Nächstenliebe üben und unsere natürlichen und geistlichen Begabungen so gebrauchen, dass wir Menschen damit dienen. Klar geht das nicht ohne Risiko und Einsatz. Aber was in unserer Macht und in unseren Möglichkeiten steht, das sollen wir tun, um Menschen zu Jesus, zu seinem Kreuz einzuladen. Alles klar?

 

Den letzten Punkt will ich als eine solche Frage formulieren:

 

4.             Ist uns klar, wer Gott ist?

 

Hier will ich aus dem Gleichnis das beleuchten, was der „Null-Rendite-Verwalter“ seinem Chef vorwirft. „Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist: Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast; und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine.“ Man könnte ja mit etwas gutem Willen registrieren, dass er mit dem Geld keinen Verlust erwirtschaftet hat. Aber es geht dem Vorgesetzten nicht um den fehlenden Gewinn, sondern darum, was für eine Ansicht der Verwalter über ihn hat. Er billigt seinem Chef nicht zu, dass er als Vorgesetzter gewisse Rechte und Privilegien hat. Er unterstellt ihm auch, dass sein Boss kein Anrecht auf die Leistung seines Mitarbeiters hat. Darum fragt er, warum und wozu er sich für den reichen Unternehmer abmühen und einsetzen soll. Denn alles, was er für seinen Chef erwirtschaftet, das nimmt der ihm ja gleich weg. Wozu schuften, wenn ich nichts davon habe?

 

Was für eine miese Meinung hat dieser Verwalter von seinem Boss! Und die ist grundverkehrt. Die beiden anderen, die verantwortungsbewusst und engagiert und leidenschaftlich gelebt, gewirtschaftet, gearbeitet haben, die werden nicht nur mit entsprechender Gehaltserhöhung befördert, sondern die werden zu einem Freudenfest eingeladen.

 

Was für eine Vorstellung von Gott haben wir? Hat er das Recht, uns zu beauftragen? Hat er das Recht, dass wir uns für ihn und seine Ziele und Belange einsetzen? Hat er ein Recht auf unseren Gehorsam? Ich spüre in mir und anderen einen leisen Widerstand gegen diese Gedanken. Ist Gott nicht unser liebender Vater, der sich über uns freut? Ja, aber er ist auch Herr! Ist Gott nicht wie eine verständnisvolle Mutter, die uns tröstet? Ja, aber Gott ist auch Auftraggeber. Ist er aber nicht auch der Hirte, der seine bedürftigen Schafe versorgt? Ja, das ist er und zugleich ist er Befehlsgeber. Will Gott uns nicht immer neu beschenken? Oh ja, und dennoch hat er das Recht, von uns Respekt und Hochachtung, Ehrfurcht und Demut, Einsatzbereitschaft und Fleiß zu fordern.

 

Meine lieben Freunde, dieser Textabschnitt passt sehr gut zum heutigen Pfingstfest. Auch wenn ich das in der Predigt überhaupt noch nicht angesprochen habe. Gott hat uns reich begabt, und wer zu ihm gehört, den hat er mit dem Heiligen Geist ausgestattet. Dieser Geist wirkt und arbeitet an uns und durch uns, damit wir klarsehen, wer er ist, wer er für uns ist und was er von uns will und erwartet. Und in der Kraft seines Geistes nur können wir vollmächtig ganz im Sinne des Erfinders unserem Gott dienen und gern für ihn leben! Darum ist mein Gebet am Ende dieser Predigt einem Pfingstlied entnommen:

 

„O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein,

 

verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein.“

 

AMEN