Pfingstpredigt über 4. Mose 11 (in Auszügen)

 

 

 

Wir hören auf den Predigttext, es sind etliche Vers aus 4. Mose 11:

 

Mose sah die Leute von Israel, alle Sippen und Familien, vor ihren Zelten stehen und hörte sie klagen. Ein heftiger Zornausbruch des Herrn bahnte sich an. Mose war die ganze Sache leid und sagte zum Herrn: »Warum tust du mir, deinem Diener, dies alles an? Womit habe ich es verdient, dass du mir eine so undankbare Aufgabe übertragen hast? Dieses Volk liegt auf mir wie eine drückende Last. Schließlich bin ich doch nicht seine Mutter, die es geboren hat! Wie kannst du von mir verlangen, dass ich es auf den Schoß nehme wie die Amme den Säugling und es auf meinen Armen in das Land trage, das du ihren Vätern zugesagt hast? Ich allein kann dieses ganze Volk nicht tragen, die Last ist mir zu schwer. Wenn du sie mir nicht erleichtern willst, dann hab wenigstens Erbarmen mit mir und töte mich, damit ich nicht länger diese Qual ausstehen muss.« Der Herr antwortete Mose: »Versammle siebzig angesehene Männer aus dem Kreis der Ältesten Israels, die sich als Aufseher bewährt haben, und hole sie zum Heiligen Zelt. Dort sollen sie sich neben dir aufstellen. Ich werde herabkommen und mit dir sprechen, und dann werde ich von dem Geist, den ich dir gegeben habe, einen Teil nehmen und ihnen geben. Dann können sie die Verantwortung für das Volk mit dir teilen und du brauchst die Last nicht allein zu tragen.

 

Mose ging hinaus und teilte dem Volk mit, was der Herr gesagt hatte. Er versammelte siebzig Männer aus dem Kreis der Ältesten Israels und stellte sie rings um das Heilige Zelt auf. Da kam der Herr in der Wolke herab und redete mit Mose. Er nahm einen Teil des Geistes, den er Mose gegeben hatte, und gab ihn den siebzig Ältesten. Als der Geist Gottes über sie kam, gerieten sie vorübergehend in ekstatische Begeisterung wie Propheten. Zwei Männer, die ebenfalls auf der Liste der siebzig standen, Eldad und Medad, waren nicht zum Heiligen Zelt gegangen, sondern im Lager geblieben. Aber auch über sie kam der Geist Gottes und sie wurden von ekstatischer Begeisterung ergriffen. Ein junger Mann lief zu Mose und erzählte ihm, was mit Eldad und Medad geschehen war. Josua, der Sohn Nuns, der von Jugend an Moses Diener war, mischte sich ein und sagte zu Mose: »Lass das nicht zu!« Aber Mose erwiderte: »Hast du Angst um mein Ansehen? Ich wäre froh, wenn alle Israeliten Propheten wären. Wenn doch der Herr seinem ganzen Volk seinen Geist gegeben hätte!«

 

 

 

Liebe Pfingstgemeinde!

 

Heute steht der Heilige Geist im Mittelpunkt. Wir feiern an Pfingsten das Ereignis, dass der Heilige Geist damals 10 Tage nach Christi Himmelfahrt erstmals zu allen gekommen ist, die an Jesus Christus glauben. Dabei war das Pfingstfest damals gewissermaßen die große Eröffnungsveranstaltung. Denn von da an werden alle, die an ihn glauben, den Heiligen Geist empfangen und mit der Kraft und Vollmacht, mit der Gegenwart und Wirksamkeit Gottes ausgestattet. Der Heilige Geist agiert aber nicht nur in den Gläubigen, sondern er wirkt auch an den Menschen, damit sie zu Jesus finden und zum Glauben kommen. Er gibt Impulse und Gedanken, Eindrücke und Erlebnisse, um sie zu Jesus zu führen.

 

Der Heilige Geist wirkt allerdings nicht erst in neutestamentlichen Zeiten. Sondern bereits im Alten Testament ist davon zu lesen, dass er Menschen mit Gott in Berührung bringt und dass er Menschen befähigt, Gott zu dienen. Wir hören heute von einer Geschichte, die sich lange vor dem Pfingstereignis zugetragen hat. Das Volk Israel war aufgebrochen aus der Sklaverei in Ägypten. Sie waren noch nicht in ihrem Heimatland abgekommen, sondern unterwegs auf der Wanderung durch die Wüste. Sie hatten noch kein Land, aber sie haben einen Gott, der zu den Israeliten „Mein Volk“ sagt. Mit seinem Volk hat er einen Bund geschlossen, Gott hat sich also vertraglich verpflichtet, für sein Volk zu sorgen. Und er hat ihnen Gebote und Ordnungen gegeben, mit denen sie sehr gut leben können. Dieser Bundesschluss am Sinai und die unfassbare Gottesbegegnung liegen noch gar nicht so lange zurück. Aber das Volk fängt wieder mal an zu jammern. Sie beklagen sich bei Mose. Schon wieder. Haben sie denn gar nichts gelernt aus all den Erfahrungen mit Gott? Mose bekommt den ganzen Unmut und Frust des Volkes ab. Und deswegen hat er keine Lust mehr. Nein, das ist zu salopp ausgedrückt. Mose kann nicht mehr, er erträgt es nicht mehr. Er will wirklich den Geist aufgeben. Er will alles hinwerfen. Er fühlt sich allein. Er will lieber sterben, als sich weiter um diese Leute kümmern zu müssen.

 

Eine solch außergewöhnliche Position und eine solch extreme Erfahrung wie die des Mose haben wir alle nicht. Aber wir sind auch schon an den Punkt gekommen, an dem wir sagen: Ich kann nicht mehr. Vielleicht ist das im Zusammenhang mit Corona öfter passiert als sonst. Und es passiert auch den Besten. Mose zum Beispiel. Darum können wir dem Beispiel des Mose folgen und uns direkt an Gott wenden. Und Gott hat mit seinem Geist gehandelt. Es ist eine Pfingstgeschichte lange vor Pfingsten. Aber es ist derselbe Heilige Geist, der später auf Jesu Jünger und alle Gläubigen fällt und der bis heute in der Gemeinde Jesu und weltweit wirkt. Drei Dinge können wir hier über den Geist Gottes erfahren.

 

1.             Gottes Geist ist da, auch wenn du es nicht merkst

 

Nein, Mose war nicht begeistert. Er war nicht euphorisch oder enthusiastisch, er hatte keinen Elan mehr, er war außer Atem, er wollte den Geist aufgeben. Und Gott sagt zu ihm: „Such mir 70 Menschen aus dem Volk. Ich will von dem Geist nehmen, der auf dir ist, und will ihn auf sie legen.“ Mose wird sich verwundert die Ohren reiben und denken, er habe sich verhört. „Welcher Geist? Lieber Gott, hast du nicht verstanden? Es ist nichts mehr da! Ich bin leer. Ich habe keine Power, keinen Spirit, keine Lust mehr. Ich bin leer. Und du sagst, dieser Geist soll noch für 70 weitere Leute reichen?“

 

Ja, genau das soll passieren. Denn der Geist Gottes ist von Mose nicht gewichen. Ok, Mose hat es nicht mehr gespürt, er hat nichts davon gemerkt, dass Gottes Geist nach wie vor da ist. Aber das fehlende Gefühl, die fehlende Begeisterung ändert nichts daran, wie Gott zu ihm steht. Es ändert nichts daran, dass Gottes Geist auf ihm ruht. Denn dieser Geist Gottes motiviert und ermutigt ihn, sich im Gebet an Gott zu wenden.

 

Vielleicht geht es dir momentan ganz ähnlich wie Mose. Du bist leer, müde, ausgebrannt. Du hast gerade nicht den Eindruck, dass die Menschen in unserem Land und die Gläubigen in den Kirchen und die Freunde in der Gemeinde vor Begeisterung nur so strotzen. Es ist alles so mühsam und so träge. Nein, da ist keine Leidenschaft und Freude. Die Grundstimmung ist eher geprägt von Unzufriedenheit und Lethargie. Aber Gott ist immer noch in der Lage, Menschen zu begeistern, so wie wir es in diesem Bericht im AT gelesen haben. Gottes Geist ist immer noch am Wirken.

 

Allerdings möchte ich an dieser Stelle dem Eindruck wehren, dass die Trägheit und die Leidenschaftslosigkeit, die Bequemlichkeit und die Unzufriedenheit in der Kirche und der Gemeinde vor Ort eine unabänderlich Angelegenheit sind. Es wäre falsch zu sagen: Das ist halt so, da kannste nichts machen, das musste nun mal hinnehmen, wie es ist. Nein! Damals hat Gott die Haltung des Volkes Israel deutlich kritisiert. Und auch die Resignation des Mose hat Gott nicht einfach nur so gleichmütig zur Kenntnis genommen. Und heute gilt: wer an Jesus Christus glaubt und wer den Heiligen Geist empfangen hat, der soll sich auch von diesem Geist leiten und erfüllen lassen. Dazu werden wir aufgefordert. Wenn wir durch den Glauben an Jesus den Heiligen Geist geschenkt bekommen haben, dann sollen wir uns auch von ihm führen und begeistern lassen. Der Apostel Paulus ermutigt und ermahnt uns, dass wir nicht träge und nachlässig werden sollen in unserem Leben für Gott. Sondern dass wir uns vom Feuer und der Leidenschaft des Heiligen Geistes mitreißen lassen. Und wenn wir lasch und müde werden, dann können wir beten und singen: „Zünde an dein Feuer, Herr im Herzen mir, hell mög‘ es brennen, lieber Heiland dir.“

 

Ich wünsche uns, dass wir durch den Heiligen Geist erfahren, fühlen, und voller Elan und begeisterter Freude spüren, dass wir Kinder Gottes sind. Martin Luther, der eher ein nüchterner und sachlicher Theologe gewesen ist, hat mal gesagt: „Dass Christus dein Erlöser ist, der dir die Vergebung deiner Sünden bringt, das musst du fühlen und bekennen in deinem Herzen. Fühlst du das nicht, so denk nur nicht, dass du den Glauben hast.“ Lasst uns darum Gott bitten und anflehen, dass er uns wieder neue Erfrischung und Begeisterung schenkt.

 

2.             Gottes Geist wirkt, was du nicht bewirken kannst

 

Die Begeisterung können wir nicht machen. Aber wir können sie wollen und zulassen. Auch die Hilfe und Unterstützung, die Gott dem Mose gewähren will, kann Mose nicht selbst machen. Mose aber soll sich nicht dagegen wehren. In seinem Fall war das aber auch ziemlich unwahrscheinlich. Denn Mose war allein verantwortlich für das ganze Volk. Und das hat er nicht mehr ausgehalten. Aber Mose bekommt Unterstützung. Gottes Geist erfüllt und befähigt noch viele andere. Denn er ist ein Teamgeist. Niemand muss alles allein schaffen. Nicht Mose damals in Israel. Nicht die Hauptamtlichen in den Kirchen und Gemeinden. Nicht die Vorstände und Leitungsverantwortlichen und auch sonst niemand im alltäglichen Leben. Denn auch da machen wir ja des Öfteren die Erfahrung, dass wir viel zu tun haben und uns hier und da überfordert fühlen. Und wir wissen nicht immer gleich, wen wir um Hilfe bitten könnten. Manchmal geht dann nicht mehr als ein Hilfeschrei zum Himmel. Aber der genügt. Denn dann passiert es, dass Gott uns an Menschen erinnert, die wir um Hilfe bitten können oder er schickt jemanden einfach so, der uns Lasten abnimmt. Und manchmal schenkt Gott uns durch seinen Heiligen Geist eine gehörige Portion Gelassenheit. Und wir merken, dass gar nicht alles so dringend nötig ist wie wir immer meinen.

 

Das ist auch in der Gemeinde so. Sie ist ja keine Ein-Personen-Veranstaltung. Es ist gut und nötig, wenn viele mitwirken und mittragen, mitmachen und mitgestalten. Dabei ist es gut, wenn klar ist, wer was tun kann und wer für was verantwortlich ist. Dabei ist es im neutestamentlichen Gottesvolk sogar so, dass Gottes Geist nicht nur ein paar exklusive Menschen begeistert und befähigt und begabt. Sondern weil jedes Kind Gottes den Heiligen Geist empfangen hat, darum ist jeder Christ auch befähigt und berufen zum Dienst. Jede und jeder kann etwas dazu beitragen, dass die Gemeinde ein lebendiger Organismus ist und bleibt.

 

Wenn ich das so formuliere, dann will ich zwei Missverständnissen entgegentreten. Erstens ist das nicht ein Appell, den ich als Pastor mit erhobenem Zeigefinger an euch richte. Und ihr sollt nun nicht mir und meinem Aufruf Folge leisten und gehorchen. Sondern das ist die biblische Linie, die ich euch weitergebe. Es ist nicht mein Gebot, sondern Gottes Vorgabe und Angebot. Und das ist das zweite: versteht das als Gabe und Chance. Niemand muss sich nutzlos fühlen und den Eindruck haben, zu nichts mehr zu taugen. Sondern alle dürfen entdecken, was Gottes Geist ihnen anvertraut hat. Und alle dürfen mitwirken, dass Gemeinde lebt.

 

Damit komme ich zum dritten Punkt, zur dritten Erkenntnis über das Wirken des Geistes Gottes, die wir diesem Text entnehmen können.

 

3.             Gottes Geist wirkt weiter, als du dir vorstellen kannst

 

Am Ende dieses Berichts wird noch folgende kleine Begeben erzählt: Zwei von den 70 Männern, die Gott für ihre Aufgabe mit seinem Geist ausstatten will, sind nicht bei den anderen an Ort und Stelle, wo sie hinkommen sollen. Aber auch auf sie fällt der Geist Gottes. Das geschieht auf eine Art und Weise, dass man es deutlich erkennen kann. Wie genau das ausgesehen hat, wissen wir heute nicht. Aber vermutlich sind sie voller Enthusiasmus, sie wurden von ekstatischer Begeisterung ergriffen. Sie verhalten sich genauso wie die anderen 68 Männer, die bei Mose waren. Die Menschen in Lager aber, die Eldad und Medad beobachten, sind entsetzt. Sowas hat es ja noch nie bei uns gegeben. Mose soll ihnen Einhalt gebieten. Das geht doch nicht. Wie kann man nur so sehr vom Heiligen Geist ergriffen sein? Ne, ne, ne. Aber Mose schüttelt nicht mehr den Kopf. Er sagt nicht, dass das zu viel ist, was die beiden da machen. Sondern das sollten noch viel mehr so erleben. Es sollten noch mehr sein, die vom Geist Gottes bewegt und begeistert sind. Wie schön wäre es, wenn auf alle im Volk der Heilige Geist so kommen würde!

 

Wovon Mose damals geträumt hat, das ist am ersten Pfingsten und danach wahr geworden. Gott hat seinen Geist nicht nur auf ein paar wenige gelegt, sondern auf alle Menschen aus aller Herren Länder, die an Jesus Christus glauben. Und er hat bis heute damit nicht aufgehört. Und bis heute kommen Menschen zum Glauben an Jesus, weil der Geist Gottes sie dazu führt.

 

Bis heute wirkt der Geist Gottes so unterschiedlich, dass wir wahrscheinlich sagen: Das ist so ganz anders als wir es kennen und gewöhnt sind. Da ist eine Euphorie, eine Begeisterung, da ist ein Enthusiasmus, die wir nicht haben. Aber ist das deswegen verkehrt, weil wir es nicht kennen? Oder könnte es sogar sein, dass wir uns hinterfragen müssen, weil wir so wenig Faszination für unseren Gott, für unseren Erlöser Jesus Christus und für den Heiligen Geist haben? Wichtig ist, dass wir nicht unseren Geschmack als Kriterium und Maßstab anlegen, sondern jeweils die Liebe zu Jesus. Wird durch Äußerungen des Heiligen Geistes Jesus verherrlicht, dann ist alles im Lot. Und dann sollen wir nicht den Heiligen Geist dämpfen oder bremsen. Sondern wir sollen bitten, dass der Heilige Geist uns immer mehr erfüllt und mit Liebe und Begeisterung für unseren Gott ausstattet.

 

AMEN