Predigt Heiligabend 2021
„Alles Gute kommt von oben“

 

 

 

Vorbemerkung:

 

Der Kurzpredigt im Heilig-Abend-Gottesdienst geht ein Hörspiel voraus, in dem ein älteres Ehepaar darüber redet, dass dieses Jahr zu Weihnachten alles anders ist. Der Ehemann beklagt sich über Lieferengpässe in der Unterhaltungselektronik- und Spielwarenbranche. Dann sagt auch noch das Reisebüro der Skiurlaub in Österreich ab, es gibt keinen Weihnachtsmarkt in ihrer Kleinstadt und die örtliche Brauerei ist geschlossen wegen eines Corona-Ausbruchs und der damit verbundenen Quarantäne. Die Schlusssätze des Ehemannes lauten: „Was soll das denn für ein Weihnachten sein! Alles anders! Ich würd mich nicht wundern, wenn das Christkind auch noch vermeldet, dass es dieses Jahr nicht kommt, weil die ganze Welt Risikogebiet ist!“

 

 

 

Liebe Heiligabendgottesdienstgemeinde!

 

Ich will den letzten Satz von Helmut aus dem Hörspiel noch mal wiederholen: „Ich würd mich nicht wundern, wenn das Christkind auch noch vermeldet, dass es dieses Jahr nicht kommt, weil die ganze Welt Risikogebiet ist!“

 

Nicht erst in unserer Zeit, nicht erst seit der Corona-Pandemie ist die ganze Welt Risikogebiet. Das war und ist sie schon zu allen Zeiten. Und das war die Welt auch damals, als das Christkind geboren wurde. Jesus ist wie jedes andere Baby hineingekommen in eine gefährliche Lebenswelt. Die Umstände seiner Geburt waren schon äußerst riskant. Seine Mutter noch ziemlich jung. Die anstrengende Reise der werdenden Eltern nach Bethlehem. Die hygienischen Bedingungen im Stall. Die politisch und emotional aufgeheizte Stimmung in Israel und im gesamten römischen Reich. Die paranoiden Nachstellungen von König Herodes mit der Ermordung aller Neugeborenen in Bethlehem. Die Flucht nach Ägypten. Und so weiter und so fort. Doch, das Christkind ist tatsächlich auf eine Erde gekommen, die samt und sonders und zu allen Zeiten Hochrisikogebiet ist.

 

Und das feiern wir, den Geburtstag von Jesus Christus, Gottes Sohn. Und wir feiern so gern das Weihnachtsfest mit der heimelichen Stimmung, der gemütlichen Atmosphäre, den schönen Geschenken und dem festlichen Essen. Das alles gehört für uns dazu und das alles hat seine Berechtigung. Denn wie gesagt, es ist immerhin der Geburtstag von Jesus Christus, Gottes Sohn.

 

Aber das Ziel von Weihnachten und der Sinn des Festes besteht nicht darin, dass wir auf unserem Risikoplaneten für den Moment das ganze Elend vergessen und für ein paar Tage eine festliche Stimmung genießen. Jesus hat doch nicht all diese Gefahren auf sich genommen, damit wir „Jingle Bells“, „Leise rieselt der Schnee“ und „Last Christmas“ trällern. Er ist vom Himmel auf die Erde gekommen, WEIL sie Hochrisikogebiet ist. Und aus seiner Sicht ist nicht nur das Virus Sars Cov 2 mit seinem Mutationen gefährlich für uns. Sondern viel heimtückischer sind die Viren wie zum Beispiel Gleichgültigkeit und Lieblosigkeit, Misstrauen und Überheblichkeit, Hass und Gewalt. Und davon gibt es auch unzählige Variationen und Mutationen. Diese Viren sind weitaus gefährlicher als eine infektiöse Atemwegserkrankung. Sie vergiften nämlich das Miteinander von uns Menschen. Und sie belasten und zerstören vor allem die Beziehung zu Gott.

 

Hilfe gegen diese Pandemie gibt es aber in keinem Pharmaziekonzern, gibt es nicht mit einem Impfstoff. Dagegen gibt es überhaupt keinen Wirkstoff, den wir selbst entwickeln, produzieren, herstellen und verabreichen können. Dieser Wirkstoff gegen die Sünde muss aus einer anderen Welt kommen. Der kann nicht von dieser Welt sein.

 

„Nicht von dieser Welt!“ Das ist ja so eine Redewendung, die im herkömmlichen Verständnis jemanden meint, der idealistisch und weltfremd ist. „Ach, der ist doch nicht von dieser Welt!“ Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Thema unseres Gottesdienstes „Alles Gute kommt von oben“. Auch diese Sprichwort wird meistens flapsig oder ironisch gemeint. Wenn der Blumentopf vom Balkon oder die Ziegel vom Dach fällt, dann sagt man schon mal mit schwarzem Humor, dass alles Gute von oben kommt. Aber wusstet ihr, dass beide Redensarten ihren Ursprung in der Bibel haben? „Alle gute und vollkommene Gabe kommt von oben, vom Vater des Lichts“. So steht es im Brief des Jakobus an die Christenheit. Und Jesus sagt im Gespräch mit seinen Landsleuten folgendes: „Ihr seid von hier unten, aber ich komme von oben. Ihr seid von dieser Welt, aber ich bin nicht von dieser Welt.“ Er selbst ist die gute und vollkommene Gabe, die von oben, von Gott kommt. Er ist tatsächlich nicht von dieser Welt. ER kommt von oben, aus der Wirklichkeit Gottes. Und deswegen ist er der personifizierte Wirkstoff gegen die Sünde. Denn er kommt von oben, von Gott, er kommt hinein in unsere Welt und ist als einziger virenfrei. Er ist von der Sünde nicht infiziert. Darum ist er der Einzige, der uns langfristig aus der Schuld und der Distanz zu Gott retten kann. Wie hat er das gemacht? Nun, viele meinen, dass Jesus uns vorgelebt hat, wie man gottergeben und frei von dem Virus der Sünde leben kann. Und nachdem er es uns also vorgemacht hat, ermutigt er uns nun, dass wir es ihm nachmachen, dass wir so leben, wie er es vorgelebt hat. Aber ihr lieben Leute, das kann doch gar nicht klappen!! Denn wir können uns noch so anstrengen, das bekommen wir niemals hin.

 

Das wäre so, als wenn ein tödlich infizierter Patient zu einem kerngesunder Menschen kommt und den fragt, wie man sich vor dem „Scheiß-Virus“ schützen kann. Und dann sagt der Gesunde zu dem Kranken: „Du musst viel Obst und Gemüse essen, du musst viel an die frische Luft gehen und dich ausreichend bewegen, du musst achtsam leben und dich schützen! Mach es so wie ich, dann wird alles gut!“ Aber das wäre Schwachsinn. Der Patient ist schon sterbenskrank. Dem helfen die Tipps von dem topfitten Gesundheitsfreak nichts mehr.

 

Versteht ihr, Jesus sagt nicht: „Seid brav und fromm, dann wird das schon wieder mit eurem Leben.“ Nein!

 

Jesus muss uns von dem Virus der Sünde heilen. Die Bibel nennt das Vergebung. Er will uns heilen vom Misstrauen und der höflichen Ignoranz Gott gegenüber, von der Selbstgerechtigkeit und oberflächlichen Verdienstfrömmigkeit.

 

Und er will uns nicht nur heilen, sondern will uns mit seinen Abwehrkräften, mit seiner Immunisierung gegen die Sünde erfüllen. Er selbst will in uns leben, damit uns die Attacken der Sünde nicht mehr umbringen. Ja, wir bleiben noch anfällig für böse Gedanken, für verletzende Worte, für destruktives Handeln. Aber Jesus will uns helfen, dagegen vorzugehen und will uns davor bewahren, dass wir an dem Virus der Gottlosigkeit sterben. Denn er will, dass wir leben.

 

Dieses Mittel zum Leben ist die gute und vollkommene Gabe Gottes, die er uns mit seinem Sohn Jesus Christus geschenkt hat. Diese gute Gabe kommt von oben, aus der Wirklichkeit Gottes. Nein, er ist wahrlich nicht von dieser Welt. Aber er kommt hin in deine Welt. Lass ihn rein.

 

AMEN