Micha 7,18-20

 

Liebe Gemeinde,

 

vor lauter Corona und Quarantäne, Abstand und fehlendem Anstand, Krawallen und Krisen gerät ein riesiges Problem fast in Vergessenheit. Nämlich das Müllproblem. Wir produzieren hier in Deutschland im Durchschnitt 455 kg Müll pro Person im Jahr. Das sind bei 25 Personen 11.375 kg, 11,3 Tonnen. Umgerechnet auf die Bevölkerung im Land sind das 37,7 Millionen Tonnen Müll. Und das meiste davon ist Verpackungsmüll, Plastikmüll. In der Corona Krise haben wir sogar noch mehr Müll produziert. Aus Angst vor dem Virus werden nämlich mehr Einweg-Artikel verwendet. Insgesamt werden zu viele Waren zu aufwändig eingepackt, Lebensmittel werden eingeschweißt, Einwegflaschen gekauft und dann? Im besten Fall kommen sie in die Tonne oder den gelben Sack. Leider aber landet ein riesengroßer Teil nicht im Recycling, sondern per Schiff in den Ozeanen.

 

Liebe Gemeinde,

 

gerade in Corona und Quarantäne, gerade beim fehlenden Abstand und Anstand, gerade in den Krawallen und Krisen offenbart sich ein riesiges Problem: Nämlich das Müllproblem der Schuld und der Sünde. Mir ist aufgefallen, dass es sehr spannende und aufschlussreiche Parallelen zwischen unserem Haus- und Verpackungsmüll und unserer Schuld und Sünde gibt. Unsere Redewendungen geben uns einen Hinweis, wenn wir schimpfen und fragen: „Was redest du nur für einen Müll?“ Nicht wahr: die Frage kennen wir. Die Erfahrung auch. Müll wird hier zum Synonym, zum Wechselbegriff für Blödsinn, dummes Zeug, Unsinn und für das, was den anderen beeinträchtigt. Müll, das ist das, was den anderen schädigt, beleidigt, herabwürdigt, ausbeutet, ausnutzt. Das ist Müll. Und davon produzieren wir Jahr für Jahr ganz schön viel. Müll ist Abfall. Wenn wir abfällige Bemerkungen machen, wenn wir mit anderen und andersartigen Menschen abfällig umgehen, dann behandeln wir sie wie Abfall.

 

Solchen Sündenmüll hat der alttestamentliche Prophet Micha vor etwa 2700 Jahren angeprangert. Er kritisiert die rücksichtslosen Praktiken von Grundstücks- und Gebäudespekulanten, Korruption und Vetternwirtschaft und er beschwert sich im Namen Gottes über den Müll, den Priester und Propheten von sich geben. Micha nennt das unverblümt Sünde und Schuld. Dieses Wortpaar kommt in dem kurzen Text zweimal unmissverständlich vor.

 

Das Problem beim Umgang mit dem Sündenmüll ist, dass er kaum wahrgenommen und nicht ernstgenommen wird. Sehr sorglos verteilen wir den Abfall und merken gar nicht, wie die Sünde und die Schuld unser Leben, unsere Beziehungen und unsere Umwelt vermüllt.

 

Wenn wir beim Hausmüll und dem täglich anfallenden Abfall nach den tiefersitzenden Gründen forschen, warum es so viel davon gibt, dann stoßen wir auf die Einstellungen und Herzenshaltungen von uns Menschen. Vieles wird verursacht durch unsere Bequemlichkeit und den Egoismus. Dann ist da der Wunsch nach Luxus und eine große Gleichgültigkeit. Wir entdecken aber auch Rücksichtslosigkeit, Gier und Geiz. Und eins hängt am anderen, eins zieht das andere nach sich und wir merken, dass wir das Problem nicht so einfach lösen können. Die Ursachen sitzen zu tief und die Folgen und die Auswirkungen sind zu gravierend.

 

Ebenso wie beim Müll, den wir wegwerfen, wollen wir auch beim Sündenmüll danach fragen, wie es dazu kommt, wo die eigentlichen Ursachen dafür liegen. Ähnlich wie beim Hausmüll stoßen wir auf unsere Einstellungen und Herzenshaltungen. Wir begegnen bei der Ursachenforschung unweigerlich dem Egoismus und der Rücksichtslosigkeit. Wie sonst können wir uns erklären, warum Menschen einander abfällig behandeln und so viel Unsinn verzapfen? Außerdem entdecken wir Misstrauen und Überheblichkeit, aber ganz tief unten in unserem Wesen stoßen wir auf den Morast der Missachtung der Gottheit Gottes. Der Apostel Paulus hat erkannt, dass die Undankbarkeit Gott gegenüber eine Ursünde ist. Denn Dankbarkeit würde zu der Erkenntnis führen, dass wir uns Gott zu verdanken haben. Jesus kennt auch den Ort, dem das alles entspringt: „Aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung“ (Matthäus 15,19). Wo die Menschen in ihrem Herzen und in ihrem Leben nicht mehr auf Gott ausgereichtet sind, richtet sich bei ihnen die Sünde ein.

 

Ich komme zurück zum Haus- und Industriemüll. Wir erleben es, wie die Schöpfung es uns übelnimmt, wenn wir ihr übel mitspielen und die Weltmeere mit Plastikmüll und die Flüsse mit Industriemüll und die Wälder mit Haus- und Sondermüll verdrecken.

 

Seien wir gewiss, dass der Schöpfer es uns ebenfalls übelnimmt, wenn wir uns seinen Anweisungen widersetzen, wenn wir uns von ihm distanzieren. Das ruft seinen Zorn hervor. Davon spricht Micha auch unzweideutig. Gott mahnt uns, ruft uns, lockt uns, er will uns zur Besinnung rufen. Zuweilen mit guten Worten und Segen. Zuweilen mit Schicksalen und Schlägen. Aber immer will er uns heilen und helfen.

 

Was machen wir nun? Liebe Gemeinde, immer dann, wenn Menschen solche Problem erkennen, wenn sie kapieren, was da alles im Argen liegt, werden sie aktiv und wollen was tun. Das ist auch bei den beiden Müllproblemen der Fall, die wir heute parallel miteinander betrachten. Beim Haus- und Restmüll setzt ein Umdenken ein. Müll wird deutlich reduziert, viele unnötige Plastikprodukte werden verboten. Einsicht ist in diesem Fall tatsächlich der erste Weg zur Besserung. Ob sich diese Einsicht bei vielen Menschen durchsetzen wird und ob das ausreicht, das Müllproblem zu lösen? Ich bin mir da nicht so ganz sicher.

 

Auch bei dem anderen Müllproblem gibt es wohlmeinende und ernsthafte Bestrebungen, weniger Mist zu bauen, weniger moralischen Dreck zu verschleudern. Und manche bemühen sich auch redlich, hilfreich und gut zu sein. Sie wollen fromm sein und Gottes Wort in Ehren halten, sie wollen Nächstenliebe üben und demütig Gott gegenüber auftreten. Wir sehen also, dass Müllvermeidung allenthalben recht hoch im Kurs steht.

 

Aber was ist mit dem vielen Müll im Meer, auf den Deponien und so weiter? Der ganze Müll müsste aus der Natur, aus den Ozeanen herausgefischt werden. Das Ocean Cleanup Projekt will dafür sorgen. Aber die Aufgabe ist zu groß, die Einsicht der Menschen zu klein. Denn die tiefsitzenden Ursachen sind nicht mit menschlichen Mitteln zu beheben.

 

Und wie steht es um den Müll, den wir verursacht haben durch unsere Schuld, durch Sünde? Was ist mit dem Unrecht, das geschehen ist, für das auch wir verantwortlich sind? Wo ist die „Müllhalde“, auf der wir alles loswerden können? Wo steht eine so große „Müllverbrennungsanlage“, die das alles vernichtet, die alles auslöscht? Wo ist ein Gott, dem wir all das ja letztendlich zuleide tun, dem wir das alles antun, der uns nicht dafür bestraft und zur Rechenschaft zieht? Diese Frage stellt der Prophet Micha, vielleicht zunächst zögernd, aber beim genauen Hinsehen dann doch voller Staunen, voller Dankbarkeit, voller Anbetung. „Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld? Der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er ist barmherzig! Er wird sich unser wieder erbarmen, unser Schuld unter seine Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.“ Gott nimmt die Schuld und die tiefsitzende Sünde sehr ernst. Deswegen ist vom Zorn Gottes die Rede. Und er hätte allen Grund, uns da zu versenken, wo das Meer am tiefsten ist. So wie wir unseren Müll einfach versenken. Aber er schafft die Lösung. Er schafft die Erlösung. Er vergibt. Er versenkt nicht uns, sondern unsere Schuld. Er vertilgt nicht uns, sondern er tilgt die Schulden. Wo gibt's denn sowas? Ein Gott, der barmherzig ist. Ein Gott, der selbst die Schulden bezahlt. Dieser Gott bietet uns an, dass sein Jesus am Kreuz das Sündenmüllprobelm ein für alle Mal gelöst hat. Jesus starb für uns auf dem Hügel Golgatha. Golgatha, das war damals draußen vor den Toren Jerusalems die öffentliche Mülldeponie. Hier haben die Menschen ihren Schutt, ihren Müll, ihren Abfall hingebracht. Hier, am Kreuz von Golgatha, können wir unseren Sündenmüll abladen. Jesus hat ihn entsorgt er hat mit seinem Leben dafür bezahlt. Dazu ist er gekommen, die Verlorenen, die Zugemüllten zu suchen und zu retten. Darum lädt er uns ein, dass wir zu ihm kommen und sein Angebot in Anspruch nehmen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus!

 

AMEN