Auf der Spur des Glücks
Shalom-Menschen geben

 

 

 

Liebe Freunde!

 

Shalom-Menschen sind Geber. Dass das nicht automatisch der Fall ist, das können wir uns wahrscheinlich alle vorstellen. In einer schottischen Kirchengemeinde wird der Kollektenkorb durch die Reihen gegeben.  Manch einer legt zwar was rein, andere aber nehmen sich Geld was raus und am Ende kommt das Kollektensammelbehältnis leer beim Pfarrer an. Der hebt zum Dankgebet an und sagt: „Lieber Gott, danke, dass diesen Sonntag der Kollektenkorb zurückgekommen ist!“

 

Nein, es ist nicht selbstverständlich, dass wir Menschen gern und von Herzen großzügig sind und geben, abgeben, teilen. Und wenn Menschen geben, dann teilweise bescheiden und zurückhaltend. Wie jene sehr reiche Frau, die bei einer Sammlung zur Renovierung der Kirche um eine Spende gebeten wurde. „Gerne beteilige ich mich an der Aktion”, sagte sie, „aber leider kann ich nur das berühmte Scherflein der Witwe beitragen!” Der Pfarrer antwortete: „Gute Frau, das wäre zu viel, das können wir nicht erwarten.” - „Sie haben mich missverstanden”, lachte die Frau, „ich meinte mit dem Scherflein nur eine kleine Gabe!” „Ja”, sagte der Pfarrer, „das wäre dann doch zu viel, denn die Witwe damals in dem Bericht des Neuen Testaments hatte zwei Scherflein gegeben. Die zwei Scherflein waren aber nun alles, was sie ihr Eigen nannte. Wenn Sie, gnädige Frau, ein Scherlein geben wollten und sich dabei auf die Witwe berufen, die Jesus beobachtet hat, dann würden sie ja die Hälfte ihres ganzen Besitzes opfern, nicht wahr!?” Die Frau errötete und gab eine beachtliche Summe.

 

Shalom-Menschen geben. Warum? Warum sollen wir geben, warum wollen wir geben? Warum geben?

 

1.           Shalom-Menschen geben, weil Gott ein großzügiger Geber ist

 

Von der Großzügigkeit, der Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes ist so ausführlich in der Bibel die Rede, dass ich das alles hier gar nicht ausführen kann. Das geht schon auf den ersten Seiten der Bibel los. Gott schafft das Universum und die Erde, die optimalen Lebensbedingungen für alle Lebewesen und vor allem für den Menschen. Gott ist das Leben von Ewigkeit her, er ist Liebe und Beziehung von Ewigkeit her und er will das nicht für sich behalten, sondern er gibt das an uns Menschen weiter. Die Liebe und die Großzügigkeit Gottes will das mit uns teilen, was ihm so kostbar ist: das Leben. Das können wir ansatzweise nachvollziehen, wenn wir an eine ganz besonders wichtige, kostbare Beziehung zu einem Menschen denken, der unser Herz gleichsam größer und weiter macht. Wir sind bereit, alles für diesen Menschen zu geben. Wir setzen uns höchstpersönlich ein. Wir schenken, wir opfern, wir geben, wir investieren. Und das nicht knickerig und geizig, sondern großzügig und gern. So, und noch viel besser macht es Gott. Er gibt das Leben selbst und auch die hilfreichen äußerlichen Rahmenbedingungen. Er gibt Pflanzen und Tiere, Tag und Nacht, Sonne und Mond und Sterne. Er gibt auch Gaben und Fähigkeiten, Talente und Neigungen. Und Gott gibt uns die beziehungsmäßigen Parameter, die das Leben reich und wertvoll machen. Die Beziehung zu ihm selbst, das Miteinander der Menschen. Gott gibt sogar auch dann noch Lebensmöglichkeiten, nachdem die Menschen ihm gegenüber offen ihr Misstrauensvotum ausgesprochen haben. Auch da ist Gott immer noch der großzügig Gebende. Denn er gibt uns die Möglichkeit, dass wir immer noch, trotz Schuld und Scheitern, mit ihm in Kontakt sein können. Er ermöglicht ein Leben in der Beziehung zu ihm, indem er Schuld und Scheitern vergibt. Denn in seiner Freundlichkeit und Menschenliebe schenkt Gott uns Vergebung und ermöglicht Versöhnung. Er schenkt uns seinen Shalom, seinen Frieden, er schenkt uns großzügig 100%igen Schuldenerlass und versetzt uns in eine komplett neue und bereinigte, harmonische Beziehung zu ihm. (Dazu noch mehr in der nächsten Predigt). Gott gibt so gern, weil er unbedingt will, dass wir mit ihm zusammen sind. Und er gibt und hilft und segnet so gern. Gott hat Freude daran, uns Gutes zu tun.

 

Warum geben Shalom-Menschen also? Weil sie im Shalom des Gottes leben, der selbst gern gibt und es uns damit ermöglicht, dass wir unsererseits auch geben können. In Epheser 5,1 steht, dass wir Gottes Nachahmer sein sollen. Darum geben wir.

 

2.           Shalom-Menschen geben, weil Gott einen fröhlichen Geber liebhat

 

Auf der Grundlage, dass wir vom Geben Gottes in allen Belangen leben, sollen wir selbst auch großzügig geben. Der Apostel Paulus verwendet in seinem späteren Brief an die Christen in Korinth zwei Kapitel, um über das Spenden von Geld, über Großzügigkeit und fröhliches Geben zu schreiben. In seinen Ausführungen vergleicht er das Spenden mit der Aussaat eines Bauern und er schreibt: „Denkt daran: Ein Bauer, der nur wenig Samen aussät, wird auch nur eine kleine Ernte einbringen. Wer aber viel sät, wird auch viel ernten. Jeder von euch muss selbst entscheiden, wie viel er geben möchte. Gebt jedoch nicht widerwillig oder unter Zwang, denn Gott liebt den Menschen, der gerne gibt.“ Die herkömmlich bekannte Version des letzten Satzes lautet: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“ Und ich behaupte, dass man es einem fröhlichen Geber auch ansieht, dass er fröhlich ist. Könnt ihr euch mal gerade einen Menschen vor euer inneres Auge stellen, der spendabel, großzügig und freigebig ist? Wie ist seine Körpersprache, seine Ausstrahlung, sein Geschichtsausdruck? Und nun stellt einen Menschen daneben, der knauserig, geizig und habsüchtig ist. Erkennt ihr den Unterschied?

 

Es macht was mit uns, ob wir gern und fröhlich geben, oder ob wir knickerig und egoistisch das für uns behalten, was Gott uns zur Verfügung gestellt hat.

 

Henry Cloud erzählt von seiner kleinen Tochter, die damals in den Kindergarten gegangen ist. An dem Morgen hat sich der Papa mit ihr darüber unterhalten, was man so alles mit anderen Menschen teilen kann. Als das Mädchen am Mittag wieder nach Hause kam, hat sie von dem Vormittag im Kindergarten erzählt. Sie hatten Plätzchen gebacken und die hatten so gut geschmeckt. Dann aber hat Olivia gesehen, dass ein anderes Kind aus irgendeinem Grund kein selbstgemachtes Gebäck hatte. Sie ist hingegangen und hat ein paar von ihren eigenen Plätzchen abgegeben. Nachdem sie das erzählt hat schaute Olivia ihren Papa an und sagt: „Papa, und dann ist was passiert, und ich weiß nicht, was das war.“ „Und was ist passiert?“ fragt der Papa zurück. „Also, als ich Monica die Plätzchen gegeben habe, hab ich hier drin was gefühlt. Hier.“ Sie zeigte auf ihren Brustkorb. „Da war es auf einmal richtig warm. Was war das?“ „Das war Liebe, Olivia. Das ist das, was man drinnen spürt, wenn man anderen Menschen etwas schenkt. Dann wird es einem so warm ums Herz!“

 

Diese kleine, feine Erfahrung der kleinen Olivia bestätigt das, was Glücksforscher herausgefunden haben. Menschen, die Geber sind, die anderen dienen und die selbstlos sind, sind glücklicher als solche, die das nicht tun. Neurowissenschaftler haben nachgewiesen, dass die Glückszentren in unserem Gehirn aktiv werden, wenn wir etwas Leckeres essen, wenn wir Sex haben und wenn wir jemandem ein Geschenk machen. Es macht uns glücklich und zufrieden, es versetzt uns in den Zustand vom Shalom, wenn wir durch unser Helfen und Teilen etwas dazu beitragen können, die Welt etwas besser zu machen. Und dabei ziehen wir beileibe nicht den Kürzeren. Wir werden ja nicht arm dabei, wenn wir abgeben. Im biblischen Weisheitsbuch „Sprüche“ steht: „Manche sind freigebig und werden dabei immer reicher, andere sind geizig und werden arm dabei. Wer anderen Gutes tut, dem geht es selber gut; wer anderen hilft, dem wird geholfen.“

 

Darum sollen wir geben.

 

Aber ich will nüchtern und realistisch sein. Wer gibt und teilt, wer abgibt und spendabel ist, ist nicht immer fröhlich und glücklich. Manchmal hat man keinen Nerv, die Plätzchen oder die Zeit mit jemandem zu teilen. Manchmal fühlt man sich auch schlicht überfordert oder ausgezehrt, wenn man sich immer nur investiert. Und manchen fällt es von Natur aus leichter zu geben und zu teilen, anderen fällt das nicht so leicht. Wir Menschen sind auch diesbezüglich nun mal unterschiedlich.

 

Ich erinnere nochmal an die Gedanken von Paulus, in denen er geschrieben hat, dass Gott einen fröhlichen Geber liebhat. Da steht ja auch, dass wir nicht widerwillig oder unter Zwang geben sollen. Also schließen manche daraus: „Wenn ich gerade nicht fröhlich geben mag, dann gebe ich auch nichts widerwillig oder unter Zwang.“ Aber diesen Gedanken, dieser Logik, will ich einen dritten und letzten Punkt entgegensetzen.

 

3.           Trotzdem geben

 

Warum? Dafür gibt es einige gute Gründe. Zwei will ich nennen. Zum einen ist es nicht in unser Belieben gestellt, ob wir alles Geld und allen Besitz und alle uns zur Verfügung gestellten Ressourcen für uns behalten oder ob wir abgeben. Gott hat seinem Volk eine sehr weise Regel gegeben, dass „ein Zehntel aller Erträge des Landes, sei es Getreide oder Früchte, dem Herrn gehört und heilig ist“ (3. Mose 27,30). Der Prophet Maleachi verknüpft die Aufforderung, 10 % für die unmittelbare Arbeit im Tempel (heute christlich-kirchliche Dienste ganz allgemein) mit dem Segen, den Gott geben will.

 

„Bringt den zehnten Teil eurer Erträge unverkürzt zu meinem Tempel. Habt keine Sorge, dass ihr dann selber in Not kommt! Stellt mich auf die Probe«, sagt der HERR, der Herrscher der Welt, »macht den Versuch, ob ich dann nicht die Fenster des Himmels öffne und euch mit Segen überschütte!  Dann werden euch alle Völker glücklich preisen, weil ihr in einem so fruchtbaren Land wohnt.«“

 

Ich finde diese 10% Regel sehr hilfreich. Denn sie ist ausgesprochen gerecht, das kann jeder nachvollziehen, der ein wenig Kopfrechnen kann. Wenn von uns allen erwartet würde, das wir im Monat sagen wir 150 Euro spenden sollten, dann wäre das für jemand mit einem monatlichen Einkommen von 650 Euro unerhört viel Geld. Für jemanden, der 5.000 Euro im Monat zur Verfügung hat, sind 150 Euro ein Klacks. Aber 10 % von 650 Euro sind 65 Euro; 10 % von 5.000 Euro sind 500 Euro. Und diese Regel hilft auch sehr, dass wir nicht nach Fröhlichkeit oder Gutdünken oder abhängig von anderen Faktoren mal was geben, spenden oder bereitstellen. Sondern mithilfe der guten Einrichtung eines Dauerauftrages kann man ausgehend von 10% einen Geldbetrag festlegen und entsprechend automatisch überweisen. Das hat auch den Vorteil, dass man nicht immer wieder dran denken und sich jedes Mal erinnern muss, noch die Spende zu überweisen. Das hat aber den Nachteil, dass man gar nicht mehr so bewusst und willentlich und aktiv Gutes tut. Sucht da euren Weg. Aber gebt. Und das aus Gehorsam. Das war der erste Grund, warum wir trotzdem abgeben sollen. Aber wir sollen nicht nur aus Gehorsam geben, sondern – und das ist der zweite Grund - auch aus Überzeugung. Denn ohne großzügiges Geben funktioniert das Leben nicht. Wenn wir geben, dann werden wir zu Ermöglichern. Eltern geben ihren Kindern und ermöglichen ihnen ihre Entwicklung und Befähigung, ihre Lebenstüchtigkeit und Tauglichkeit. Mitmenschen geben ihren Nachbarn und ermöglichen ihre Feier und Gartengestaltung, ihren Urlaub (weil sie die Blumen und Tomaten gießen) und leihen ihnen das Werkzeug. Wir spenden Geld für Projekte in Kenia oder Uganda, den Philippinen oder Syrien und ermöglichen Kindern eine Schulausbildung oder alten Menschen den Lebensunterhalt. Wir unterstützen die Caritas oder das Diakonische Werk, Hilfsorganisationen, die Geflüchtete aus dem Mittelmeer aus Schlauchbooten retten und so vor dem Tod bewahren. Und nicht zuletzt, vielmehr sogar nach den Anweisungen der Bibel, geben wir an erster Stelle Geld für die Gemeindearbeit, für unsere Gemeinschaft und ermöglichen damit die Gottesdienste, die Verbreitung der Predigten, die Bibelstunden den Dienst der Gemeindearbeit in unserem Bereich.

 

In Amerika lebte von 1888 bis 1969 ein Mann mit Namen Robert Gilmour LeTourneau. Er war der Erfinder von gigantischen Erdbewegungsmaschinen. LeTourneau war sehr erfolgreich und sehr reich. Aber er hat sehr viel von seinem Geld in eine Stiftung für kirchliche, missionarische und pädagogische Arbeit gegeben. Er hat sein ganzes Leben und allen Reichtum als Liebesgabe Gottes angesehen und gesagt: Wenn du bedenkst, was Gott für uns getan hat, dann solltest du gern mehr geben als das, was Gottes Wort als Mindestmaß fordert. Er sagte auch oft: „Die Frage ist nicht, wie viel Geld ich Gott geben soll, sondern vielmehr, wie viel von Gottes Geld ich für mich behalten soll.“

 

Shalom-Menschen geben, weil wir von dem Leben, was Gott uns alles gibt. Shalom-Menschen geben, weil es uns glücklich macht, wenn wir Gottes Leidenschaft und Großzügigkeit teilen. Und Shalom-Menschen geben, weil es nötig ist, dass wir mit Gottes Gaben die Welt ein wenig besser machen.

 

Und dann wird der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren.

 

AMEN