Predigt über Jesaja 40,26-31 (über die Müdigkeit)

 

Ihr Lieben,

 

wie geht es euch in diesen Zeiten? Ich höre, merke, spüre, dass es für alle in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen anstrengend ist. Eine Kollegin aus der Bereuung in der AWO hat mir gesagt, wie belastend die Corona-Krise für sie ist. Dabei hat sie nicht nur sich im Blick, sondern natürlich auch die alten Bewohner. Für viele von uns ist die Isolation eine enorm stressige Belastung. Die Angst, sich das Virus einzufangen und die damit verbundenen Komplikationen und unter Umständen lebensbedrohlichen Gefahren, das alles geht nicht spurlos an uns vorüber. Uns fehlen die Gottesdienste und die Bibelstunden, der Kontakt und das persönliche Gespräch, das gemeinsame Singen!!! Das alles und vieles mehr rufen in vielen irgendwie das Gefühl von Müdigkeit hervor.

 

In dem Predigttext aus Jesaja 40 ist etliche Male von den Müden und der Müdigkeit die Rede. Die Müdigkeit des Volkes Gottes damals hatte unterschiedliche Ursachen. Hauptsächlich war es die Länge der Jahre, die sie in babylonischer Gefangenschaft gewesen sind. 70 Jahre unfreiwilliges Leben im Exil, entmutigende Erfahrungen, lähmende Enttäuschungen; von regulärem und gewohntem Gottesdienst war man meilenweit entfernt; das alles zehrt aus und zerrt an den Nerven. Das macht mürbe und müde.

 

Ich möchte ein paar allgemeine Gedanken über Müdigkeit weitergeben. Dabei habe ich einen Zusammenhang zwischen körperlicher, mentaler und geistlicher Müdigkeit gesehen, aber auch aufschlussreiche Parallelen entdeckt.

 

1.             Müde wegen Überforderung und Überarbeitung

 

Während manche momentan Zeit zum Verschenken haben, sind andere beruflich und familiär und privat enorm herausgefordert. Die körperlichen und mentalen Herausforderungen sind sehr groß. Nur ein paar Beispiele: Die Betreuung der Kinder, der Senioren, der Nachbarn, Fragen und Sorgen bezüglich dessen wie es weitergehen kann und wird, das führt die Betroffenen definitiv an ihre Grenzen. Und zwar körperlich und mental, emotional und auch spirituell. Besonders verantwortungsbewusste Menschen, die für alles Glück und Wohl der Welt zuständig sein wollen, kommen unter die Räder und reiben sich dabei auch noch an der Faulheit und Nachlässigkeit von anderen auf. Das macht müde!

 

Wir dürfen die Prioritäten anders setzen. Jesus sagt uns: „Ruhet ein wenig.“ Wichtiger als die Arbeit ist die Beziehung zu ihm. Wichtiger als der Misserfolg ist seine Liebe zu uns. Wichtiger als der Erfolg ist die Abhängigkeit von ihm. Denn wir können die Welt nicht retten. „Bist du doch nicht Regente, der alles führen soll, Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl.“ Martin Luther hat das so ausgedrückt: „Wenn du gleich hundert Jahre pflügtest und aller Welt Arbeit tätest, so könntest du doch nicht einen Halm aus der Erde bringen, sondern Gott macht, während du schläfst, ohne alle deine Werke aus dem Körnlein einen Halm und darauf viele Körner , wie er will.“ Das gilt für unser Tun und Lassen. Nehmt Jesu Einladung zur Gelassenheit an. Ruhet ein wenig. Die Beziehung zu Jesus ist wichtiger als die Arbeit für Jesus!

 

2.             Müde wegen Unterforderung und zu viel Schlaf

 

In der HNA vom 23. April 2020 war ein Artikel über die psychischen Konsequenzen der Corona-Krise. Am Ende der Ausführungen standen ein paar ganz konkrete Tipps für die seelische Gesundheit: „Den Tag strukturieren, Sport treiben, Kontakte per Telefon pflegen und nicht zu viel schlafen.“ Zu viel Schlaf macht müde! Das habe ich ja schon immer gewusst! Unsere Kinder haben am Wochenende gern ausgeschlafen. Aber trotz der 12-14 Stunden Schlaf waren sie schlapp. Während also die einen müde werden wegen Überforderung, sind anderen matt wegen Unterforderung. Ich vermute und befürchte, dass das im psychischen und im geistlichen Bereich unseres Lebens genauso ist. Es gibt nicht nur das Burnout, sondern auch das Boreout. Dabei entstehen Unzufriedenheit und fehlender Elan durch Langeweile und Unterforderung. Wer seinen Geist und sein spirituelles Leben nicht herausfordert und trainiert, der wird auch müde. Manche sind geistlich müde und träge im Leben mit Gott, weil sie sich am liebsten versorgen und bedienen lassen. Viele lassen sich geistlich-spirituell mit „Fertiggerichten“ bekochen. Sie bereiten sich keine Mahlzeit selbst zu. Aber: Selbst in der Bibel lesen, selbst Einsichten gewinnen, selbst beten, selbst mit anderen über den Glauben ins Gespräch kommen, das macht fit und munter.

 

3.             Müde wegen Mangelernährung

 

Ich bleibe bei dem Bild von der Ernährung. Körperliche Müdigkeit hat oft mit Vitamin- oder Eisenmangel zu tun. Beides führt zur Müdigkeit. Und das hängt in der Regel mit er entsprechenden Ernährung zusammen. Zu wenig Obst und Gemüse, zu wenig Milchprodukte und zu wenig Vitamin C - und schon sind wir müde. Eine ganz wichtige geistliche „Familienküche“ ist die Gemeinde. Die ist nötig für eine ausgewogene Glaubensernährung. Nun klafft hier momentan eine riesige Versorgungslücke wegen der leidigen Corona-Krise. Aber das Netzwerk der Gemeinschaft haben wir schon lange vor der Krise geknüpft. Und jetzt können wir daran anknüpfen, sind darin aufgefangen, nehmen gegenseitig Anteil, ermutigen uns und verteilen beispielsweise solche Impulse und Ausarbeitungen, wie ihr sie gerade vor Augen habt.

 

Kürzlich hatte ich ein kurzes Gespräch mit einer Person, die in diesen Wochen durch persönliche Probleme ziemlich herausgefordert ist. Diese Person ist nicht eingebunden in ein soziales und geistliches Netz. Darum leidet sie in vielfältiger Hinsicht unter Mangelerscheinungen.

 

Meine Beobachtung ist, dass der Glaube besonders da müde und kraftlos ist, wo lebendige Gemeinschaft nicht gepflegt wird und wo das Wort Gottes nicht in die Breite und in die Tiefe gelesen und studiert wird.

 

4.             Müdigkeit durch Sorgen

 

Körperlich müde sind wir zuweilen, weil uns Sorgen und Ängste buchstäblich um den Schlaf bringen. Vor lauter Grübeln und Kummer kommen wir nicht zu Ruhe. Unsere Gedanken kreisen um die Not, wir können kein Auge zumachen. Das sind die Fragen um die Gesundheit und die Zukunft. Wir kennen das alle.

 

Dabei hat Jesus uns befohlen, dass wir ihm unsere Sorgen sagen sollen. Denn „mit Sorgen und mit Grämen und mit selbsteigner Pein lässt Gott sich gar nichts nehmen, es muss erbeten sein.“ Und das kann ich mit Sicherheit sagen, dass dem Widersacher sehr daran gelegen ist, uns auf alle nur erdenkliche Art und Weise zu lähmen, zu bremsen, müde und matt zu machen. Wir sollten ihm nicht auf den Leim gehen. Er will uns infizieren.

 

5.             Müde wegen Infektionen und Krankheiten

 

Das muss ich nicht entfalten, das kennen wir alle. Wie gefährlich eine Infektion mit dem Corona-Virus ist, wissen wir hoffentlich auch alle. Kranke Menschen sind in aller Regel müde und schwach und matt. Damit bin ich bei der letzten Parallele, die ich zwischen der körperlichen und der geistlichen Müdigkeit sehe. Die „Viruserkrankung“, die uns geistlich und spirituell müde macht, ist die Sünde. Ich nenne zum Beispiel die Sünde der Undankbarkeit oder der Gleichgültigkeit oder der Selbstverständlichkeiten. Dankbarkeit hingegen hält uns frisch und munter. Die Sünde des Geizes und der Fixierung auf materielles Wohlergehen. Dagegen ist Großzügigkeit und eine weites Herz gesundheitsfördernd. Oder die Sünde der Unversöhnlichkeit und des Nachtragens. Wenn wir anderen ihr Versagen nachtragen, dann schleppen wir uns daran müde.

 

Abhilfe verschaffen uns die Vitamine D = Dankbarkeit, L = Liebe und V = Vergebung!

 

Um Müdigkeit ging es heute. Fünf Ursachen für körperliche und geistliche Müdigkeit haben wir betrachtet. Ich wünsche uns die Erfahrung, dass Gott den Müden Kraft gibt, Gelassenheit und Leidenschaft und gesunde geistliche Kost. Ich wünsche uns die Erfahrung seiner Fürsorge und gute geistliche Vitamine und Vergebungsmedizin.

 

AMEN