Hiobs Botschaft – Gottes Antwort

 

 

 

Ihr lieben Freunde!

 

Was für eine Perspektive hast du auf Gott? Also wie siehst du Gott, was denkst du, wenn du dir mal Gedanken über ihn machst? Manche meinen, Gott sei die Abkürzung für „Guter Opa Total Taub“.

 

Andere halten Gott für einen Uhrmacher. Gott hat die Welt gemacht wie eine Uhr. Dann hat er die Welt in Gang gesetzt, gleichsam wie eine Uhr aufgezogen, so dass sie so vor sich hintickt. Und wenn die Uhr abgelaufen ist, dann ist alles aus und vorbei. Aber zwischendrin überlässt Gott die Welt und die Menschen sich selbst.

 

Wieder andere denken, dass Gott der Notnagel ist. Diese Gottesvorstellung erinnert an die Feuerwehr. Die brauche ich auch nur, wenn es brennt, ansonsten ist sie entbehrlich. Bei dieser Idee wird Gott zum Lückenbüßer.

 

Ich will von den vielen Gottesvorstellungen noch eine letzte nennen: das ist der Patchwork-Gott. Aus den vielen Traditionen und Weltanschauungen basteln sich manche einen Gott, der dann so ganz nach ihrem Geschmack ist.

 

In meiner letzten (dritten) Predigt über Hiobs Botschaft habe ich die Gottesvorstellung der drei Freunde Hiobs dargelegt und (hoffentlich einigermaßen schlüssig) widerlegt. Für sie ist Gott der unbestechliche Richter, der natürlich sofort alle bestraft, die sich ihm widersetzen. Deswegen müssen wir dem Kontrolleur-Gott unbedingt gehorchen, dann geht es uns gut. Wir müssen immer strebend uns bemühen, dann kann er uns helfen. Und wir müssen eine Grundfrömmigkeit vorweisen, dann ist er uns gewogen.

 

Es ist nur zu verständlich, dass Hiob sich gegen diese Gottesbilder massiv wehrt. Denn wenn Gott der absolut gerechte Richter ist, dann hat er bei Hiob ein Fehlurteil gesprochen. Hiob ist von seiner Unschuld überzeugt, ist ganz sicher, dass er zu Unrecht leidet, dass Gott sein Feind ist. Gott ist in seinen Augen ein Sadist, dem es egal ist, ob einer fromm ist oder nicht. Er schaut mit Argusaugen auf Hiob, um ihn zu strafen. Hiob empfindet sein Leid als ein ungerechtes Zorngericht Gottes. Aber bei aller Bitterkeit kennt Hiob nur einen, der ihn verstehen und der ihm helfen und beistehen kann: Gott selbst. Hiob beruft sich auf Gott gegen Gott. Er ist sauer auf Gott - und klagt das Gott. Er fühlt sich von Gott verschaukelt - und bittet ihn dann postwendend um Verständnis, Beistand und Unterstützung. Hiob ist hin- und hergerissen. Einerseits klagt er, dass Gott ihm sein Recht verweigert und seine Seele betrübt. Andererseits weiß er, dass Gott sein Fürsprecher, sein Bürge, sein Erlöser, Anwalt und Rechtsbeistand ist.

 

Vielleicht finden wir die Haltung von Hiob komisch oder sogar schizophren. Aber stellen wir uns ein kleines Mädchen vor, das ins Krankenhaus eingeliefert werden muss. Der Papa bringt sein Kind in die Klinik und ist bei den Untersuchungen mit dabei. Der Papa, der seine Tochter über alles liebt, muss sie aber festhalten und damit bewegungslos machen, damit die Ärzte tun können, was getan werden muss. Das Mädchen wehrt sich und zappelt und strampelt und schreit. Aber ausgerechnet der Papa, der so gern mit seinem Kind spielt, muss dafür sorgen, dass die Ärzte die Spritzen setzen und die Narkose einleiten. Dieser Papa ist in dem Moment für das Kind wie ein Aggressor. Aber wenn das Mädchen nach der OP aus der Narkose aufwacht, sitzt der gleiche Papa am Bett und tröstet.

 

In meinem Herzen entspricht Gott am ehesten der Vorstellung von einem optimalen Papa. Wie ein kleines Kind verstehe ich oft nicht, was Papa macht, was er zulässt, was und warum es passiert. Aber Papa kennt sich aus, er weiß Bescheid und es ergibt keinen Sinn, ihn zur Rechenschaft ziehen zu wollen. Und wenn wir ihm Vorwürfe machen und ihn anklagen, dann hält er das aus.

 

Am Ende seiner Antworten und Gegenreden an seine drei Freunde spricht Hiob seine tiefste Sehnsucht aus: „Gäb es doch einen, der mich hören wollte! Was ich gesagt hab, kann ich unterschreiben. Gott, der Gewaltige, soll Antwort geben!“

 

Und Gott antwortet. Aber nicht etwas so, dass er sich vor Hiob rechtfertigt und anfängt: „Also hör mal Hiob, das war nämlich so. Wir hatten da eine himmlische Ratsversammlung und dann hat der Satan mich auf dich angesprochen und dann …… und dann …….“ Nein, Gott steht Hiob nicht Rede und Antwort, sondern er stellt Hiob zur Rede. Er gibt ihm auf den ersten Blick gesehen keine Antworten auf seine drängenden Fragen, sondern Gott stellt dem Hiob mehr als 50 Fragen in den Kapiteln 38-41. Gott tritt Hiob in einem Wettersturm entgegen. Diese Erscheinung ist nicht irgendein Gewitter oder Unwetter. Sondern auf diese Weise war Gott schon am Sinai dem Volk Israel begegnet. Für Hiob fährt Gott das ganz große Orchester auf, nicht um ihn zu erschrecken, panisch zu machen oder ihm zu imponieren. Sondern der große Gott beschreibt seine Größe durch Worte und unterstreicht sie durch diese Manifestation.

 

Gott lässt sich tatsächlich auf einen Disput ein. Und er stellt Hiob zur Rede: „Wer bist du, dass du meine Weisheit anzweifelst, von Dingen redest, die du nicht verstehst? Nun gut! Steh auf und zeige dich als Mann! Ich will dich fragen, unterweise mich, belehre mich“! Kann Hiob Gott belehren, unterweisen??? Ist er Gott ebenbürtig oder gar überlegen???

 

Die nun folgenden Fragen Gottes beziehen sich auf die Schöpfung. Dabei aber geht es nicht um Wissensfragen. Gott will den Hiob nicht wie ein Oberlehrer im Examen bloßstellen. Sondern er will ihm seine göttliche Schöpferintelligenz, Schöpferkraft und seine Fürsorge für die Schöpfung vor Augen führen. Dabei geht Gott in seiner Rede auf alle Schöpfungstage ein und stellt ein paar seiner Wunder vor, die er vollbracht hat. Dabei finde ich, dass Gott hin und wieder mit augenzwinkernder Ironie redet.

 

Wo warst du, als ich die Erde gegründet habe? Sag mir’s, wenn du so klug bist! Wer hat dem Meer seine Grenze gesetzt? Ich habe es in Wolken gehüllt und in dichtes Dunkel wie in Windeln (ein sehr witziger Gedanke, dass Gott dem Meer Windeln anlegt). Kannst du dafür sorgen, dass das Gras wächst? Wir können zwar die Wiesen abmähen und den Rasen düngen. Aber wir haben keine Möglichkeit, einen Grassamen zum Wachsen zu bewegen. Kannst du das Siebengestirn zusammenbinden? Löst du den Gürtel des Orions auf? Woher kommt das Licht, und wie gelangt man dorthin? Woher kommt die Finsternis? Kannst du Licht und Dunkelheit an ihre Orte bringen, kennst du den Weg zu ihrem Land? Ganz gewiss, denn du warst schon geboren, als ich sie schuf, du lebst ja seit uralten Zeiten! Weißt du, warum die Straußenhenne zwar die Straußeneier legt, sie dann aber zum Brüten aber einfach im heißen Sand liegen lässt? Sie ist zwar nicht gerade mit Weisheit und Klugheit gesegnet, aber wenn sie aufgescheucht wird, dann versetzt sie Ross und Reiter in Schrecken und verlacht sie. Gibst du dem Pferd seine Pferdestärke? Bist du der Fluglehrer der Falken und der Adler?

 

Solche und noch viele andere Fragen stellt Gott dem Hiob. Von Mitgefühl mit dem armen geplagten Hiob ist nichts zu lesen und nichts zu spüren. Er gibt ihm keine dezidierte Antwort auf die Frage nach dem Leid. Ist Gott also doch gefühlskalt? Ist er unfähig zum Mitleid, so dass er nur mit seiner faktischen Überlegenheit als Schöpfer auftrumpfen kann, der fähig ist, die Welt zu lenken?

 

Nein, die Botschaft ist ein ganz andere. Die Botschaft ist: Lieber Hiob, lieber leidgeplagter Mensch, der diese Predigt hört oder liest! In der Schöpfung kannst du meine Kraft, Intelligenz und Fürsorge erkennen. Ich kümmere mich nicht nur um die Rabenjungen. Ich habe nicht nur den Kosmos im Blick. Ich begrenze nicht nur die Gewalt der Weltmeere. Sondern ich, der ich Himmel und Erde gemacht habe, ich kenne und verstehe dich ganz genau. Ich habe nicht nur die Erde weise geordnet. Ich bin derjenige, der „Wolken Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann“. Du kannst sicher sein, dass „kein Sperling vom Himmel fällt, ohne dass ich das weiß. Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupt alle gezählt. Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser als viele Sperlinge.“

 

Diese Aussagen von Jesus passen als Erklärung und Ergänzung ausgezeichnet zu dem, was Gott den Hiob fragt. Abschließend fragt Gott: „«Willst du weiter mit mir streiten, mich, den Allmächtigen, immer noch tadeln? Du hast mich angeklagt, nun steh mir Rede und Antwort!» Darauf antwortete Hiob nur: «Herr, ich bin zu gering, ich kann dir nichts erwidern; darum lege ich jetzt die Hand auf den Mund. Einmal habe ich geredet und dann noch einmal - aber ich will es nicht wieder tun; ich habe schon zuviel gesagt!»“

 

Nach diesem ersten großen Themenbereich rund um die Schöpfung schneidet Gott ein zweites Thema an. Wieder fordert Gott den Hiob heraus: „Willst du im Ernst mein Recht in Frage stellen, mich schuldig sehn, damit du Recht behältst? Sag, nimmst du es an Stärke mit mir auf? Kann deine Stimme donnern wie die meine? Dann zeige dich in deiner ganzen Pracht, lass dich in Majestät und Hoheit sehen! Halt deinen Zorn nicht länger mehr in Schranken, finde jeden hochnäsigen Menschen und wirf sie nieder, sieh alle Stolzen an und mach sie klein, zertrete die Verbrecher auf der Stelle! Wirf alle miteinander in das Grab, schick sie hinunter in die Totenwelt! Dann werde ich nicht zögern, dich zu rühmen, weil deine Hand den Sieg errungen hat.“

 

Diese Aufforderung Gottes muss sich erst mal bei uns setzen. Er erwartet von Hiob, alles Unrecht und alle Ungerechtigkeit, alle Hochmütigen und alle Gottlosen zu überwinden, zu beseitigen. Selbst wenn Hiob ganz genau und untrüglich wüsste, wer die Bösewichter sind und wo sie sich befinden, wäre es für ihn ein Ding der Unmöglichkeit, die Bösen aus der Welt zu schaffen. Ok, wir würden wahrscheinlich sowieso nicht wollen, dass die Todesstrafe für alle Verbrecher eingeführt wird. Wir würden dafür plädieren, dass sie ein Unrechtsbewusstsein bekommen und gerecht und fromm werden. Aber egal wie wir es anstellen wollen: wir werden die Welt nicht zurückverwandeln ins Paradies. Das ist ja der Hochmut, der von vorn herein und immer zum Scheitern verurteilt ist, der Hochmut von Ideologien und Weltanschauungen und Religionen, die aus eigener Kraft und mit eigenen Möglichkeiten die Welt und Menschheit heilen wollen. Wenn Gott es nicht tut, wie wollen wir es schaffen? Ja, aber warum tut Gott das nicht? Ich entnehme der Bibel, dass Gott die Menschen nicht gegen ihren Willen dazu bringen will, sich zu Gott zu bekehren. Er will, nein er kann die Menschen tatsächlich nicht zwingen, ihn zu lieben. Liebe kann man nicht erzwingen. Darum verzichtet er auf Gewalt, Druck, Zwang und setzt alles auf die Karte der Liebe. Und alle Gottlosen aus dem Weg räumen und umbringen, das will er auch nicht!

 

Es schließt sich noch eine letzte Rede Gottes an, die von zwei Ungeheuern handelt. Behemot und Leviatan sind furchterregende Untiere, die zwar der Beschreibung nach Ähnlichkeit haben mit einem Nilpferd oder einem Krokodil. Aber die zwei verkörpern das Böse schlechthin und das lebensfeindliche Chaos. Sie bedrohen die Welt. Sie wollen die Menschheit und die ganze Schöpfung ins Verderben stürzen. Ihnen kann sich niemand entgegenstellen. Wollte man es mit ihnen aufnehmen wäre man unweigerlich verloren.

 

Nun fällt es nicht schwer, diese beiden Monster mit dem Teufel und seinen dämonischen Gesellen zu identifizieren. Was wollen wir gegen den Lügner von Anfang an, gegen den Mörder, gegen den erbitterten Feind Gottes und des Lebens ausrichten? Wer kann sich ihm widersetzen, wer kann ihm widerstehen? Er hat uns nun mal mit dem Virus des Misstrauens infiziert. Er hat uns eingeflüstert, dass man Gott nicht trauen kann. Er hat uns den Hochmut und die Überheblichkeit mit großem Erfolg ins Herz gepflanzt, dass wir das Recht hätten, über Gott zu richten und zu urteilen.

 

Dem aber kann doch nur Gott selbst etwas entgegensetzen. Seine Liebe und dann auch seine Gerechtigkeit und sein Recht, am Ende zu richten, zu verurteilen und zu vernichten.

 

Wie reagiert nun Hiob? Er sagt: „Ich weiß jetzt, dass dir nichts unmöglich ist; denn alles, was du planst, führst du auch aus. In meinem Unverstand habe ich geredet von Dingen, die mein Denken übersteigen. Ich kannte dich ja nur vom Hörensagen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut. Ich schäme mich für alles, was ich sagte; in Staub und Asche nehme ich es zurück.“

 

Hiob kapituliert vor Gott. Er gibt sich geschlagen. Er gibt demütig zu, dass er Gott nicht das Wasser reichen kann. Seine Worte klingen wie eine Niederlage, als wäre er nun endgültig gescheitert und völlig am Boden zerstört. Aber das stimmt ja gar nicht. Hiob hat nämlich zwei Dinge erkannt: erstens die Größe und Weisheit und Majestät Gottes. Und zweitens hat er sich selbst erkannt als einen, der Gott unendlich wichtig ist, als einen, der von Gott abhängig ist, als einen, der Gott ausgeliefert ist, und zwar auf Gedeih, nicht aber auf Verderb. Denn wer Gott als Gott anerkennt, der wird nicht zu Grunde gehen, sondern dem wird Gott das Ein und das Alles sein. „Wenn ich nur dich, Gott, habe, dann frage ich nichts nach Himmel und Erde.“

 

Am Ende dieser Predigt will ich die Frage vom Anfang nochmal stellen: Welche Perspektive hast du auf Gott? Hat sich deine Sicht auf ihn verändert? Wer ist Gott für dich? Ich wünsche uns, dass wir nie aufhören, ihn immer neu und immer besser kennenzulernen.

 

AMEN