Jesaja 12,1-6

 

(Vorbemerkung: Dies ist nicht nur eine Predigt über Jesaja 12,1-6, sondern ein ausführlicher Entwurf mit Predigttext und passenden Liedern bzw den Liedtexten; die Nummern hinter den Liedtiteln beziehen sich auf das Gemeinschaftsliederbuch „Jesus unsere Freude).

 

Liebe Gemeinde!

1.    Einleitung

Singen ist nicht jedermanns Sache. Nicht jeder oder jede können in einem Chor mitsingen, schon gar nicht in einem Kammerchor oder ähnlichen Ensembles. Aber bei fast allen Menschen gehören die Musik und das Singen zum Leben. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass Singen in der Regel untrennbar zu unseren Gottesdiensten, Bibelstunden und anderen Kreisen gehört. Denn Singen ist ein wesentlicher Ausdruck unseres Glaubens. Mit Liedern können wir beten. Mit Musik können wir gefühlvoll ausdrücken, was wir für Gott empfinden. Unser Dank bekommt weit ausgespannte Flügel, wenn er in ein Lied gekleidet ist. Musik ist aber nicht nur Ausdruckshilfe für den Dank, das Lob und die Anbetung, sondern auch die Klage. Es gibt auch Klagelieder, die uns eine Hilfe sind.

Schon im alten Israel hat man Klage und Bitten vertont und Gebete gesungen. Vor allem aber wurden der Dank, die Verherrlichung Gottes, das Rühmen seiner großen Taten und die wunderbaren Werke in Lieder gekleidet und mit Musik untermalt. Die Sammlung dieser Lieder findet sich hauptsächlich im Psalter. Aber heute lesen wir ein besonderes Danklied. Es ist besonders, weil es nicht bei den Psalmen steht. Ein Loblied, das Gott in den höchsten Tönen verehrt. Und ein Lied, das nicht im Nachhinein Gottes große Taten verkündigt, sondern schon im Voraus besingt. Dieses Lied möchte uns heute auch zum Loben, Danken und Singen bringen. Ich lese Jesaja 12.

„Zu der Zeit wirst du sagen: Ich danke dir, HERR, dass du bist zornig gewesen über mich und dein Zorn sich gewendet hat und du mich tröstest. Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn Gott der HERR ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil. Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen.

Und ihr werdet sagen zu der Zeit: Danket dem HERRN, rufet an seinen Namen! Machet kund unter den Völkern sein Tun, verkündiget, wie sein Name so hoch ist! Lobsinget dem HERRN, denn er hat sich herrlich bewiesen. Solches sei kund in allen Landen! Jauchze und rühme, du Tochter Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei dir!“

Leider habe ich keine unmittelbare Vertonung dieses Textes in unseren Liederbüchern gefunden. Aber etwa 25 Lieder in unserem Gemeinschaftsliederbuch nehmen mehr oder weniger direkt Bezug zu diesem Text. In diesen Liedern werden wir wie in dem Jesajapsalm aufgefordert, Gott zu loben.

2.    Lied: Ich lobe meinen Gott (231,1.2.4)

„Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen. Erzählen will ich von all seinen Wundern und singen seinem Namen. Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen. Ich freue mich und bin fröhlich, Herr, in dir. Halleluja.

 

Ich singe meinem Gott von ganzem Herzen. Erzählen will ich von all seiner Liebe und preisen sein Gnade. Ich singe meinem Gott von ganzem Herzen. Ich freue mich und bin fröhlich, Herr, in dir.
Halleluja!

 

Kommt, stimmet ein ins Lob von ganzem Herzen! Verkündiget unter den Völkern sein Tun und lobsinget seinem Namen. Kommt, stimmet ein ins Lob von ganzem Herzen, denn unser Gott ist ein ewiger Gott. Halleluja!“

 

„Kommt, stimmet ein ins Lob“. Dieser Aufforderung wende ich mich nun im ersten Punkt meiner Predigt zu.

 

3.    Die Aufforderung zum Lob

Danket dem Herrn, rufet an seinen Namen! Lobsinget dem Herrn, denn er hat sich herrlich erwiesen! … Jauchze und rühme, du Tochter Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei dir!“ Fünf Mal schallt uns die Einladung entgegen, Gott zu ehren, zu loben, seine Größe zu preisen und zu rühmen. Wenn wir fünf Mal zu etwas auffordert werden, dann muss das Anliegen ziemlich dringlich sein. Tatsächlich ist es dringend nötig, dass wir immer wieder darauf gestoßen werden, das Lob Gottes nicht zu vergessen. Denn Gott zu loben oder für ihn zu singen verändert unser Leben. Loben zieht nach oben. Das ist nicht nur eine Floskel. Danken schützt vor Wanken. Auch das ist nicht nur eine Redenwendung. Vielmehr gewinnen wir im Danken und Loben eine andere Lebensperspektive. Wir wenden unseren Blick und unsere Konzentration auf Gott. Ihn schauen wir an. Auf ihn ist unser Denken und Sinnen gerichtet. Endlich kommt es dazu, dass ich nicht nur noch an mich denke. Ich denke an Gott, ich danke Gott. Darum verändern uns das Loben und das Singen, der gesprochene und der musikalische Dank macht mit uns etwas.

Sicher gibt es Zeiten, in denen uns nicht nach loben und singen zumute ist. Aber das Danklied der Erlösten spricht von einer Zeit, in der wir loben und anbeten werden und gute Gründe dafür haben. „Zu der Zeit wirst du sagen: … Und ihr werdet sagen zu der Zeit.“ (Jes 12,1.4).

Welche Zeit ist denn gemeint? Der Textzusammenhang (Kapitel 11) spricht von der Zeit, in der aus dem Königshaus Davids ein Spross hervorwachsen wird. Vom dem gilt: „Auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN.“ Zu der Zeit, wenn Gott seine Hilfe und sein Heil dem Volk Israel und aller Welt zeigen wird, wirst du dem Herrn danken. Zu der Zeit, wenn der Messias Jesus dein Heil und deine Stärke ist, hast du Grund zu danken. Wenn der Herr Jesus dein Brunnen des Heils geworden ist, hast du Anlass zum Loben.

4.    Lied: Stimmt zu Gottes Ehren (256,1-3)

Stimmt zu Gottes Ehren froh ein Loblied an, sagt es allen Menschen, was er uns getan;

denn von eignen Wegen bracht er uns zurück, gab uns Heil und Segen, unverdientes Glück.

 

Hört die frohe Botschaft, Jesus Christus kam. Liebe ohne Maßen nahm sich unser an.

In die Zukunft schauen wir mit frohem Mut, weil wir dem vertrauen, welcher Wunder tut.

 

Singt vom Sieg der Freude auf der Lebensbahn. Hier ist neues Leben, Christus geht voran.

Er vermag zu geben, was er uns verheißt: Freiheit, ewges Leben, einen neuen Geist.“

 

Diese Zukunft ist schon angebrochen, dieser Jesus ist schon für uns da, darum haben wir heute schon genug Grund, Gott zu singen und ihn zu loben.

 

5.    Die Begründung des Lobes

 

Die erste Begründung im Jesajapsalm ist äußerst merkwürdig. „Ich danke dir, dass du über mich zornig gewesen bist.“ Das kann doch nicht ernst gemeint sein. Wie kann man denn Gott dafür danken, dass er zornig gewesen ist? Um das zu begreifen ist es gut, wenn wir den Zorn Gottes nicht mit unserem menschlichen Zorn verwechseln. Unser Zorn ist sehr oft unbeherrscht, ungerecht und unverhältnismäßig. Gottes Zorn dagegen ist so nicht. Sondern Gottes Zorn ist Zeichen seiner Heiligkeit. Unreinheit, Bosheit, Überheblichkeit Gott gegenüber haben vor ihm keinen Platz. Darüber ist Gott zurecht zornig. Dann aber ist der Zorn Gottes auch Zeichen seiner Liebe. Bei Gott ist der Zorn die Stelle, wo seine Liebe am heißesten brennt. Gott zürnt, weil wir ihm so unendlich wichtig sind. Etwas von diesem „positiven Zorn“ kennen wir auch. Ein Vater beispielsweise, der Kinder auf einer gefährlichen Straße spielen sieht, wird alle warnen, aber das eigene Kind wird er besonders scharf zurechtweisen. Hier beweist gerade der Zorn, dass ihm sein Kind so wertvoll ist. Der Theologe Martin Kähler hat gesagt: „Wir sind Gott seinen Zorn wert.“ Deswegen steht in diesem Lied: „Ich danke dir, dass du zornig gewesen bist. Und dass dein Zorn sich gewendet hat und du mich tröstest.“ Denn Gott will ja nicht andauernd zornig sein. Sondern er will ja vergeben. Durch Jesus ist uns Vergebung unserer Schuld zugesichert und damit auch, dass wir nicht für den Zorn Gottes bestimmt sind, sondern dazu, das Heil zu erlangen durch unsern Herrn Jesus Christus (so 1. Thess 5,9).

 

Damit sind wir bei dem nächsten Dankesgrund, der im Jesaja 12 genannt wird. Dazu lese ich uns nochmal Vers 2: „Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn Gott der HERR ist meine Stärke und mein Psalm und ist mein Heil.“ Mein Heil steht am Anfang des Verses und mein Heil steht am Schluss des Verses.
Darum geht es in der Liebe Gottes letztlich, dass er uns sein Heil schenken will. Im Originaltext steht, dass er unser „Jeschua“ ist. Nicht umsonst hat Gott seinem Sohn den Namen Heil, Jeschua, Jesus gegeben. Denn Jesus will nichts anderes für uns sein als unser Heil. Er will uns heil machen.

 

Und im Vers 5 ist noch ein dritter Grund genannt, warum wir Gott loben sollen: „… denn er hat sich herrlich bewiesen.“ Gott hat sich herrlich erwiesen, als er sein Volk aus der ägyptischen Gefangenschaft befreit hat. Damals hat Gott sein Volk aus höchster Not gerettet. Die Ägypter waren hinter ihnen her, vor ihnen lag das unüberwindliche Schilfmeer, rechts und links Berge und Hügel, die ein Ausweichen verhindert haben. Und Gott hat sie da mitten hindurch gerettet und sich herrlich erwiesen.

 

So verheißt Gott dem Volk in der babylonischen Gefangenschaft in ähnlicher Weise die Befreiung. Er wird einen Weg bahnen raus aus der Fremde, rein in die alte Heimat.

Durch Jesus Christus hat Gott dieses Versprechen endgültig eingelöst. Jesus hat auch den Weg frei gemacht, nicht durch das Schilfmeer oder durch die Wüste. Sondern er hat den Weg frei gemacht durch den Tod hindurch heim in die ewige Heimat der himmlischen Herrlichkeit. So hat Gott sich in Jesus Christus herrliche erwiesen.

 

6.    Lied: Kommt, stimmt doch mit uns ein (237)

„Kommt, stimmt doch mit uns ein und lasst uns fröhlich sein, denn Gott, der Herr, hat uns befreit.

Er gab uns seine Kraft, die neues Leben schafft, preist ihn in alle Ewigkeit.

 

Er ist allein der Herr und ist sonst keiner mehr. Die Ehre gebt nur ihm allein. Bedenkt, was er getan, betet ihn dafür an, kommt, lasst uns seine Zeugen sein.

 

Singt, lobt und jubelt laut! Wer auf den Herrn vertraut, der baut sein Leben nicht auf Sand.

Er, der die Welt regiert und seine Kinder führt, hält sie an seiner starken Hand.“

 

Vor allem anderen sollen wir Gott dafür loben. Aber auch mitten im Alltag haben wir viel Grund und Anlass zum Loben und Danken.

 

7.    Dazu erzähle ich uns zwischendurch mal die Geschichte vom „kleinen Lob“.

Es war einmal ein kleines Lob, das größer werden wollte. Die Mutter strich ihm über den Kopf und meinte: „Ich fürchte, du bleibst ein kleines Lob. Vergiss nie: Ein kleines Lob ist besser als der größte Befehl!“ Auf seiner Wanderung in die weite Welt kam es zu einem Mann, der gerade sein Auto wusch. „Kannst du mich nicht gebrauchen - zum Loben?“ fragte das kleine Lob. Aber der putzte weiter und sagte: „Wozu loben? Ich arbeite, damit ich Geld verdiene. Ich putze mein Auto, damit es sauber wird. Alles, was ich tue, hat seinen Nutzen. Aber loben ist zu nichts nütze!“ Das kleine Lob schluckte und ging weiter. Kurze Zeit später sagte es zu einem Kind: „Ich fände es schön, wenn du mich brauchen könntest!“ Da meinte der kleine Junge aufgebracht: „Pah, loben! Was denn? Etwa die Schulaufgaben, die ich jetzt machen muss? Dass mein Fahrrad einen Platten hat? Oder mein Brüderchen immerzu schreit? Nein, alles ist eher zum Ärgern!“ Das kleine Lob schlich sich traurig davon. Will denn niemand mehr loben? Und das kleine Lob wandte sich an eine alte Frau. „Wen soll ich denn loben?“ sagte sie unzufrieden. „Meine Kinder, die sich nicht mehr um mich kümmern? Oder den Arzt, der schon zwei Jahre an mir herumdoktert?“ „Vielleicht könntest du ein kleines bisschen Gott loben“, sagte das kleine Lob vorsichtig. „Ach du liebe Zeit“, rief die alte Frau, „heute ist doch nicht Sonntag!?“ „Vielleicht dafür“, das kleine Lob blieb hartnäckig, „dass du noch lebst, dass du immer zu essen hast, die Sonne und die Blumen sehen kannst...!“ „Was ist das alles gegen mein Rheuma und gegen mein Alleinsein?“ unterbrach die alte Frau. Da wanderte das kleine Lob weiter. Es klagte: „Alle fragen nur: Warum? Was bringt es? Ich habe es zu schwer! Dabei gehöre ich doch zum Lebenswichtigsten überhaupt! Leben, Lieben und Loben - nur ein Buchstabe ist jeweils anders. Wenn das Leben lebenswert ist, dann ist es auch liebenswert und dann ist es auch lobenswert. Und soll dann nicht auch der gelobt werden, der das Leben geschenkt hat?
Und das kleine Lob kam zu dem Schluss: „Wer sich Zeit nimmt, Atem zu holen, wer wieder richtig sehen lernt, wer die richtigen Maßstäbe setzt, der kann denken und findet zur Freude zurück. Ja, der muss einfach loben, der muss Gott loben!“

 

8.    Lied: Unser Mund, der ist voll Jubel (257,1-2)

 

„Unser Mund, der ist voll Jubel, unser Herz, das ist voll Dank, dass du uns hast erlöset, erkauft ein Leben lang.

Wir preisen deine Güte, die jeden Morgen neu, mit der du uns behütet. Wie groß ist deine Treu.

Wir richten unsre Blicke zu dir, dreieinger Gott, und gehen nicht zurücke. Nur dir gebührt das Lob.“

 

Unser Lob braucht gute Gründe. Aber Lob braucht auch eine Quelle, aus der es sich speist. Von einer Quelle ist in diesem Text die Rede, eine Quelle, aus der wir immer wieder mit Freude schöpfen können und von der wir leben.

 

9.    Das Lob hat eine Lebensquelle

Diese Lebensquelle wird im Vers 3 unseres Predigttextes erwähnt. „Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen.“ Bei diesem Bildwort können wir uns sicher ganz gut vorstellen, wie groß die Freude ist, wenn man in der Wüste eine Oase oder eine Quelle findet. Frisches Wasser ist lebenswichtig. Im AT wird Gott oft mit solch frischem, lebenspendendem Wasser verglichen. „Bei dir ist die Quelle des Lebens“, steht im Psalm 36,10. Der Prophet Jeremia muss seinem Volk vorwerfen, dass sie Gott, die lebendige Quelle verlassen und stattdessen von rissigen Zisternen Lebenswasser erhoffen. Darum sagt Jesaja 12, dass es doch eine große Freude ist, wenn der Lebensdurst bei dem lebendigen Gott gestillt wird.

 

Wir wissen aber von einem sehr eindrücklichen Brauch zur Zeit Jesu. Während des Laubhüttenfestes gingen Priester zum Teich Siloah, füllten dort einen goldenen Krug mit Wasser und trugen ihn feierlich zum Tempel. Für die Juden war das ein Symbol. Ihr Heilsbrunnen, auf den sie so stolz waren, ihr Heilsbrunnen waren die Festtradition, die Gebote und ihre Satzungen. Aber bei aller Schönheit des Festes blieb der Durst nach endgültiger Vergebung, nach endgültigem Frieden, nach lebendiger Hoffnung auf die Ewigkeit. Während eines solchen Laubhüttenfestes nimmt Jesus dieses Bild auf und sagt: „Wenn jemand Durst empfindet, der komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt; wie die Schrift sagt: „Aus seiner Leibesmitte werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Von Jesus geht das Lebenswasser aus. Er ist der Heilsbrunnen für uns. Diese Beziehung zu Jesus ist uns Quelle für das Singen und das Loben und das Danken.

 

10.          Lied: Ich singe dir mit Herz und Mund (232,1-2.13)

 

„Ich singe dir mit Herz und Mund, Herr, meines Herzens Lust;

ich sing und mach auf Erden kund, was mir von dir bewusst.

 

Ich weiß, dass du der Brunn der Gnad und ewge Quelle bist,

daraus uns allen früh und spat viel Heil und Gutes fließt.

 

Wohlauf, mein Herze, sing und spring und habe guten Mut!
Dein Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut.“

 

AMEN