Wertvoll

 

 

 

Kennt ihr Helena? Ich meine die Helena von Troja aus der griechischen Mythologie aus dem 9. Jahrhundert vor Christus. Was muss das für eine unfassbar schöne Frau gewesen sein! Sie war die Ehefrau des griechischen Königs Menelaos. Alles war gut und friedlich – bis Paris kam, der Prinz von Troja. Paris verliebte sich in Helena, und sie verliebte sich auch in ihn. Und Paris entführte die schöne Helena nach Troja. Wegen ihr sind tausende Schiffe in See gestochen. Wegen ihr wurde eine der blutigsten Schlachten der Geschichte geschlagen. Sie entflammte den 10jährigen Krieg um Troja.

 

Sicher waren Menelaos und sein Bruder Agamemnon und alle Bürger von Sparta stinke sauer und beleidigt aufgrund der frechen Entführung. Sicher haben sie den Krieg angezettelt, weil ausgerechnet der Schnösel Paris von Troja die Königin entführte. Aber hätte die schöne Helena nicht ihre Schönheit, ihr Aussehen und ihr Ansehen, ihre Stellung und Würde, und wäre sie nicht in den Augen von Menelaos und allen anderen ausgesprochen wertvoll, dann hätte es den erbitterten Kampf um diese Frau nicht gegeben. Dann hätte Menelaos gesagt: „Lass fahren dahin- ist ja nur Helena“.

 

Wer sind wir und was für einen Wert haben wir? Sind wir wer, sind wir wertvoll, weil wir wirksam sind, weil wir effektiv und effizient sind?

 

Unsere Identität und unser Wert werden uns immer zugesprochen! Darum bin ich sehr bewegt und berührt von dem Zuspruch aus dem Wort Gottes, den wir in Jesaja 43 lesen. Ich liebe diesen Satz aus Jesaja 43, 1:

 

Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!

 

Ein ganz und gar erstaunlicher Zuspruch. Gott sagt, dass er sein Volk geschaffen hat. Und was ist daraus geworden? „Jakob“, sagt Gott zum Volk! Dieser Erzvater, der Urahn ist Symbolfigur für das Volk. Jakob, der Lügner, der Betrüger, der Schurke. Aber Gott hat aus ihm den „Israel“ gemacht. Den „Gottestreiter“. Ich verstehe das so, dass Gott für sein Volk streitet, sich für seine Leute einsetzt. Gott hat sein Volk erlöst, erkauft, befreit aus der babylonischen Gefangenschaft.

 

Und ich staune, denn diese Zusage aus Jesaja 43,1 können wir auf uns übertragen. Gottes Erlösungstat in Jesus Christus gilt uns. Wenn ich höre, dass er mich erlöst hat, von Schuld und Sünde befreit hat, dann hat das für mich Geltung und Bedeutung. Dann hat das für mich Ewigkeitswert. Dass ER mich erlöst hat!!! Denn ich denke schon, dass ich – wie Luther von sich sagte – ein armer, stinkender Madensack bin. Und dass Gott seinen Sohn für mich hat sterben lassen müssen, das zeigt doch nur, wie elendig und versifft und verkommen ich bin. „Ohn‘ all unser Verdienst und Würdigkeit“ hat er mich geschaffen und gerettet.

 

Nun kann ich mir sehr gut vorstellen, dass mancher gar nicht den Eindruck von sich hat, so furchtbar, so schrecklich, so sündig und arm und verdorben zu sein. Und so mancher mag dann auch denken: so schlimm bin ich doch gar nicht, dass Jesus für mich hätte sterben müssen. Ich persönlich sehe zwar je länger desto mehr, dass ich es dringend nötig habe, dass Jesus mir vergibt, weil ich so schuldig und unvollkommen bin.

 

Aber ich sehe noch eine andere Wahrheit, die der eben genannten nicht widerspricht. Gott sagt nämlich seinem Volk und in Jesus Christus auch uns hier und heute zu, dass wir ihm unfassbar wertvoll sind. „Ich habe Ägypten für dich als Lösegeld gegeben, Kusch und Seba an deiner statt, weil du in meinen Augen so wertgeachtet und auch herrlich bist und weil ich dich liebhabe. Ich gebe Menschen an deiner statt und Völker für dein Leben“ (Jesaja 43,3b-4).

 

Gott sagt hier seinem Volk, dass er liebend gern auf die Reichtümer Ägyptens verzichtet, dass ihm die Kultur und Bodenschätze von Kusch und Seba gleichgültig sind, weil er sein Volk Israel für unübertroffen wertvoll erachtet.

 

Und auch das übertrage ich auf dich und mich ganz persönlich. Du bist in den Augen Gottes wertvoll, herrlich, kostbar, wunderschön. Gott sieht dich und sieht deinen Wert. Nicht weil du Pastor bist, liebevoller Familienvater, engagierte Hausfrau und Mitarbeiterin, fleißiger Rentner oder sonst was bist. Du bist in seinen Augen wertgeachtet, weil du bist. Das ist deine Identität. John Eldredge[1] schreibt: „Unsere Identität fällt uns nicht einfach in den Schoß. Zum Guten wie zum Schlechten wird unsere Identität uns verliehen und zugesprochen. Wir sind, wer wir sind, im Verhältnis zu anderen. Aber, was noch wichtiger ist, wir beziehen unsere Identität und unseren Wert aus unserer Wirkung auf die anderen – daraus, ob und wie wir auf sie wirken.“ Wenn das so ist, dann stellt sich uns die Frage, von wem wir uns unseren Wert, unsere Identität zusprechen lassen. Von unserem Herz, das uns selbst anklagt, wir wären unattraktiv und unmöglich und unfähig (1Joh 3,20)? Von unseren Nachbarn? Von den Kollegen, den Angehörigen, den Freunden? Von Menschen, die dich heute vielleicht ganz toll finden, und morgen sich hinter deinem Rücken über dich empören?

 

Meine lieben Freunde! Das Evangelium sagt, dass wir, die Geliebten Gottes, eine kosmische Krise herbeigeführt haben. Es sagt, dass Satan uns unserem wahren Liebhaber, Gott, geraubt hat. Wir haben sogar der Entführung zugestimmt. Aber wegen uns hat Gott die größte Kampagne in der Weltgeschichte in Gang gesetzt, um uns zurückzugekommen. Wegen uns hat er den einen, wahren, vollkommenen Menschen, Jesus Christus, eingesetzt, damit wir wertvollen Menschen wieder bei Gott sein können. Wir sind ihm um so viel schöner, angesehener und ansehnlicher und herrlicher als die schöne Helena. Und deswegen riskiert Gott alles, um uns zu befreien.

 

Wenn es wahr ist, dass unsere Identität sich aus der Wirkung ergibt, die wir auf andere haben, dann ergibt sich unsere tiefste und wahrste Identität aus der Wirkung, die wir auf die größte und erhabenste und herrlichste und majestätischste Persönlichkeit des ganzen Universums, der sichtbaren und unsichtbaren Welt haben: auf Gott!

 

Unser Wert beruht nicht auf unserer Wirksamkeit, sondern auf der Wirkung, die wir auf Gott haben. Und was wir bei Gott bewirken, was er alles um unseretwillen erwirkt, das ist wirklich beeindruckend.

 

AMEN

 

 

 

Das Lied „Wertvoll“ von Martin Pepper passt zu meinen Gedanken, ihr findet es hier:

 

https://www.youtube.com/watch?v=HQLNhSTjpt8

 



[1] „Ganz leise wirbst du um mein Herz“ von Brent Curtis und John Eldregde; 2002 Gießen; Kapitel 7 („Die Geliebte“) ab Seite 112