Predigt zu Matthäus 11,28-30

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes, sei mit uns allen. Amen.

 

Gerade jetzt in dieser Ausnahmesituation der Corona Pandemie spüren wir doch alle, jeder auf eine andere Art und Weise, wie uns diese Zeit herausfordert.

 

Ich denke an den Abstand, den wir einhalten müssen von anderen, um uns vor Ansteckung zu schützen.

 

Unser Vater ist im Altenheim, zwei Monate durften wir ihn gar nicht besuchen. Nur telefonieren. Keine Umarmung, keine liebevolle Berührung, kein „Schön, dass du da bist“ - Blick, kein schelmisches Grinsen von meinem Papa, kein gemeinsames Singen und Lachen. Dann endlich durfte ich ihn sehen - einen Besuch hinter einer Plexiglasscheibe. Wie in einem Gefängnis. Wir konnten uns sehen, eine Berührung war nicht möglich. Vorige Woche durften wir, mit Papa das erste Mal, mit dem Rollstuhl ins Freie fahren und wir konnten gemeinsam auf dem Gelände Kaffee trinken. Auch eine Umarmung war möglich, nach der er sich sehnte.

 

Mit all dem, was uns belastet können wir zu Jesus kommen, er spricht in Matthäus 11,28-30:

 

„Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“

 

Wo sind wir beladen, was macht uns Mühe? Ist es die weltweite Pandemie mit ihren Einschränkungen? Die Kinder ohne Schulunterricht in ihren Klassen, alle sind zuhause, da braucht man ein gutes Nervenkostüm. Die Existenzangst im Beruf. Sorgen um Krankheit, um Einkommen und um die Familie, all das belastet und macht uns Sorgen. Jesus sagt: „Ich helfe dir, du musst es nicht allein schaffen. Ich bin da. Komm im Gebet zu mir, ich will dich stärken und dir Zuversicht geben. Ich will dich erfrischen, will dich wieder mit Liebe und Dankbarkeit füllen, dass du erkennst, von mir kommt die Kraft, die du zum Leben brauchst.“

 

Jesus hat uns vorgelebt, wie ein gutes Leben aussieht und worauf es ankommt. Er war freundlich und geduldig. Er hat an den richtigen Stellen die Wahrheit schonungslos gesagt und sich jedem Menschen in Liebe zugewendet. Er hat ihnen mit seinen Möglichkeiten geholfen und er hat Gottes Liebe anschaulich verkündigt. Darum sagt er: „Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“

 

Jesus sagt: „Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir.“ Ein Joch war eine Vorrichtung aus Holz, die man den Rindern auf den Nacken legte, damit sie einen Pflug oder Karren ziehen konnten. Ein Joch bedeutet immer eine Belastung. Aber Jesus will mich nicht vor irgendeinen Karren spannen. Denn er sagt: „Mein Joch! Macht es mit mir! Ich ziehe selber mit.“ In einem Joch wurden meistens zwei Tiere zusammen eingespannt. Ein jüngeres und ein erfahreneres. Und so konnte das jüngere Tier lernen, welches Tempo richtig ist, wie die Zugkraft gut eingesetzt wird, wie man die Richtung hält und sich von dem Bauern leiten lässt. Auf diese Weise lernt es: Ich muss nicht in Rekordzeit über den Acker pflügen, sondern eine vernünftige Furche ziehen. Ich brauche nicht alle Felder in der Umgebung zu beackern, sondern jetzt nur die eine Furche, an der ich gerade arbeite.

 

Jesus sagt: „Lernt von mir! Lass dich bei mir einspannen! Es gibt viel zu tun und ich brauche dich dazu. Aber ich lasse dich dabei nicht allein. Arbeite mit mir zusammen, dann lernst du, worauf es ankommt. „Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht. Was ich dir auflege drückt nicht, sondern es passt dir genau. Denn ich weiß, wer du bist und ich weiß auch, was du kannst. Und wenn du auf mich schaust, dann kannst du dein Bestes geben.

 

Dann wächst du an den Aufgaben. Du wirst stärker und geduldiger. Zieh einfach mit mir in eine Richtung, lerne von mir das Tempo, lass dich von mir führen und anleiten. Wenn du dich in deiner Gemeinde einsetzt, in der Jungschar, dem Hauskreis oder dem Besuchsdienst: Mach’s mit mir! Wenn es um den Alltag in deiner Familie geht, um den Stress in deinem Betrieb, um die Probleme in der Schule: Mach’s mit mir!

 

Wenn du mit deiner Disziplin zu kämpfen hast, wenn dir Menschen zu schaffen machen: Mach’s mit mir! Du musst den Karren nicht allein ziehen. Ich zeige dir, welche Furche jetzt, dran ist. Ich biete dir den Platz neben mir an. Aber es ist deine Entscheidung. Das Leben steckt voller Lasten und Herausforderungen. Du brauchst ihnen nicht ausweichen und du musst nicht darüber springen. Du sollst an ihnen wachsen. Mach’s mit mir! Und dann wirst du merken, wie du ruhiger und gelassener wirst und liebevoller reagieren kannst.“

 

Jesus will mich nicht zur Leistung motivieren, sondern zur Ruhe bringen. Er sagt doch: „Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, so werdet ihr Ruhe finden, für eure Seelen.“ Jesus sagt nicht: „Befreit euch von eurem Joch!“ Im Gegenteil: Wir sollen sein Joch auf uns nehmen, also seine Herrschaft über unser Leben. Jesus ist der beste Herr, den wir haben können. Wer sich unter Jesus stellt, der lernt Sanftmut und Demut. Sanftmütig zu sein, ist die helfende Liebe, die andere Menschen zur Lebensquelle führt. Und demütig zu sein ist keine Unterwürfigkeit, sondern braucht den Mut, darunterzubleiben unter dem Joch.

 

So dürfen wir hinter Jesus hergehen, ihm nachfolgen, in Sanftmut und Demut, unter dem leichten Joch seiner Herrschaft und dem Ausblick auf diese wunderbare Ruhe. Und was immer das Leben für uns bereit halten mag an Lasten und Mühen, wir dürfen mit allem zum Heiland der Beladenen kommen.

 

Jesus selbst war in allem abhängig von seinem Vater. Im Johannesevangelium entdecken wir viele Aussagen von Jesus. In Kapitel 14,10 steht: „Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst aus. Und der Vater, der in mir wohnt, der tut seine Werke.“

 

Jesus war immer abhängig von seinem Vater. Kein Wunder hat er aus seiner Kraft getan, sondern Gott hat sie durch ihn gewirkt. Immer wieder sagt Jesus. „Nicht meine Kraft hat die Brote vermehrt, die Krankheiten besiegt, die Toten auferweckt, sondern Gott selbst hat das getan. Ich habe immer die Verbindung zu meinem Vater gesucht.“

 

Und seit Jesus wieder bei seinem Vater im Himmel ist, bietet er uns die gleiche Kraft an. Er sagt: „Wie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ (Joh. 20,21) „Ich werde in euch sein und ihr könnt in meinem Namen und in meiner Kraft unterwegs sein. Ruhe findest du nicht, wenn du mit dir zufrieden bist und die Menschen dich loben. Sondern Ruhe findest du nur, wenn ich dich erfüllen darf. Wenn du aufhörst alles allein schaffen zu wollen und du dich von mir abhängig machst.“

 

Da ist auch die Situation mit Papa, der sich nach seiner Familie sehnt. Alles was wir für selbstverständlich nehmen, ist auf einmal wegen einer Pandemie nicht mehr möglich. Eine von Herzen innige Berührung wird von einem Schuldgefühl begleitet und darf zu diesem Zeitpunkt noch nicht sein.

 

Zu Jesus haben wir kein Kontaktverbot, wir brauchen keinen Abstand zu halten und brauchen auch keinen Mundschutz. Im Gegenteil, mit allem können wir zu ihm kommen, was uns drückt, was uns belastet. Wir suchen die Stille im Gebet und spüren, wie die Unruhe verschwindet, wenn wir in die Ruhe von Jesus eintreten. Er stärkt uns durch seine Nähe und durch sein Wort. Er schenkt uns Gelassenheit Dinge hinzunehmen, die wir nicht ändern können und den Mut, die Dinge zu ändern, die uns belasten und uns überfordern. Mit Geduld und Zuversicht stärkt er uns. Er füllt unser Herz mit Liebe, damit wir anderen in Liebe begegnen können und legt uns Worte in den Mund, die aufbauen. Damit wir Menschen ermutigen können, die unsere Hilfe brauchen. Jesus sagt: „Mach’s mit mir.“

 

„Sei stille vor dem Herrn und warte auf ihn“, heißt es in Psalm 37,7. Lass den in dir wirken, der alle Macht hat. Jesus. Er wird dich segnen und du wirst ein Segen sein. Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne, in Christus Jesus. Amen.

(Erarbeitet, geschrieben und zur Verfügung gestellt von Uschi Schocke-Kaufmann; 19.06.2020)